Kurzfilm Passeio com Johnny Guitar

Schon 15 Jahre alt; ich habe ihn aber eben erst (dank Matthias Wittmann) ent­deckt. João César Mon­teiros Bilder vom schö­nen alten Liss­abon und als Sound­track die melo­drama­tis­chsten Dialog­pas­sagen aus John­ny Gui­tar (Nicholas Ray, USA 1954). Bezaubernd.

Paul Krugman widerspricht

Schäubles Phantasie

Paul Krug­man berichtet in seinem Blog von einem Kor­re­spon­den­ten, der ihm davon erzählt habe, dass Wolf­gang Schäu­ble eine Rede gehal­ten hätte, in der er behauptete, die exzes­sive öffentliche Ver­schul­dung hätte die Finanzkrise 2008 verursacht.

Es ist aktuell unter Ökon­o­mis­ten weltweit unbe­strit­ten, dass eine der Haup­tur­sachen — wenn nicht sog­ar die Haup­tur­sache — der Krise — nicht nur jet­zt, son­dern schon in 2008 — die ausufer­n­den Schulden der öffentlichen Haushalte auf der ganzen Welt war.

Welche Rede Schäubles dieser Kor­re­spon­dent (und welchen Kor­re­spon­den­ten Krug­man) gemeint haben kön­nte, habe ich lei­der nicht fest­stellen kön­nen. (Daher auch der Kon­junk­tiv.) Update: Es war wohl die “4. Zeit Kon­ferenz Finanz­platz” am 16. August 2011 in Frank­furt (Kon­feren­zpro­gramm, PDF). Lei­der nicht öffentlich.

Schäubles Rede vom 2. Juli 2010 im Bun­destag anlässlich des G20-Gipfels in Toron­to zielt aber tat­säch­lich in dieselbe Rich­tung. Aus dem Plenarprotokoll:

Die Ver­schul­dung, die eine der Haup­tur­sachen der Krise ist — das ist bish­er unbe­strit­ten gewe­sen -, war ein Haupt­the­ma vor Toron­to. In diesem wichti­gen Bere­ich sind die Europäer — das nen­nt man Exit-Strate­gie — mit ein­er sel­ten ein­müti­gen und ein­heitlichen Posi­tion in Toron­to aufge­treten. Die europäis­che Posi­tion hat sich in Toron­to voll­ständig durchgesetzt,
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Gar­relt Duin [SPD]: Das ist falsch!)
näm­lich maßvolle Zurück­führung der zu hohen Defizite, aber zugle­ich in ein­er Weise, die wach­s­tums­fre­undlich ist und das Wach­s­tum nicht beschädigt.

Es ist der­gle­iche Vor­trag, den Schäu­ble seit Jahren — min­i­mal vari­iert — zu jed­wed­er Gele­gen­heit von sich gibt. Wer sich ein­mal die Mühe machen will, die auf sein­er Home­page ver­sam­melten Reden durchzuschauen, wird fest­stellen, dass sie sich bis auf die Adres­sat­en und ein paar Randbe­merkun­gen beina­he auf’s Wort gle­ichen. (Der näch­ste Pla­gia­toren­fall? Vroni­plag, bitteschön!) Weit­er­lesen

PLinks 34/11 Kranbesteiger

Ein Blick in den Blick: News von nebe­nan, kol­portiert durch das Zürcher Boulevardblatt:

«Gegen 18 Uhr gestern Abend ging der Anruf bei der Polizei ein: Auf der Waf­fen­platzs­trasse ste­he ein Mann auf dem Kran, hiess es. Sofort rück­ten die Ein­satzkräfte aus. Die Strasse wurde abges­per­rt. Die ganze Nacht über har­rte der Ungar im Kran aus. Jet­zt sitzt er noch immer da. Stun­den­lang führten Spezialkräfte der Polizei Gespräche mit dem Mann, sagte Polizei-Sprech­er Mar­co Corte­si. Doch was der Mann will, sei noch immer unklar. Er habe wed­er «eine poli­tis­che Botschaft, noch Selb­st­mord­ab­sicht­en». Er wolle nur ein­fach nicht vom Kran hinuntersteigen.»

So neu ist das allerd­ings auch nicht. In Zürich scheint das Besteigen von Krä­nen ein beliebtes Hob­by von eher weniger beliebten (weil «aus­ländis­chen», oder, noch schlim­mer: «Asyl suchen­den») Mit­bürg­ern zu sein: Nach­dem im Mai let­zten Jahres ein mutiger (oder eher lebens­müder) Rumäne den 35-Meter-Kran beim Prime-Tow­er erk­lomm, klet­terte im Sep­tem­ber  «schon wieder ein Kranbe­set­zer» auf einen Kran, rief auf Trans­par­enten zu mehr Respekt gegenüber Asy­lanten auf, und bewarf die Polizei mit Rosen — was für eine nette Geste gegen die man­gel­nde Gastfreundschaft!

PLinks 33/11

Konservative

Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“ kon­nten wir dieser Tage aus­gerech­net in der Frank­furter All­ge­meinen Zeitung lesen. Her­aus­ge­ber Frank Schirrma­ch­er geht in dem Text mit den Kon­ser­v­a­tiv­en dieser Welt hart ins Gericht und stellt die Frage, ob die CDU noch ein bürg­er­lich­er Agen­daset­ter sei oder ob sie das Bürg­er­tum als seinen Wirt nur noch par­a­sitär beset­zt, aus­saugt und entkräftet.

Wir stellen uns der­weil die Frage, ob Frank Schirrma­ch­er diesen Sinneswan­del gar eigen­ständig und selb­st vol­l­zo­gen hat, ist er doch all die Jahre und durch die jüng­ste Finanzkrise hin­durch immer auf der Seite des Freien Mark­tes gewe­sen – was an dieser Stelle ein­fach mal mit Rechts gle­ichge­set­zt wird.

Hat er natür­lich nicht! Der FAZ-Autor ist aber so ehrlich – und dafür bedanken wir uns recht her­zlich – auf den Urhe­ber des Gedankens zu ver­weisen (wen­ngle­ich auch ohne Link), der ein­gangs zitiert wurde: auf Charles Moore. Seines Zeichens Mar­garet Thatch­ers Bio­graph und kon­ser­v­a­tiv­er Vor­denker des eben­falls kon­ser­v­a­tiv­en britis­chen Tele­graph, der vor über 30 Jahren gemein­sam mit Rupert Mur­dochs Sun die Über­ma­cht des Labour-höri­gen Dai­ly Mir­ror stoppte und die Eis­erne Lady ins Amt holte. Es ver­wun­dert dann auch nicht, wenn Charles Moore seinen Artikel mit den Worten schließt:

One must always pray that con­ser­vatism will be saved, as has so often been the case in the past, by the stu­pid­i­ty of the Left.

Recht hat er: In dieser Hin­sicht ist auf die Linke noch immer Ver­lass gewesen.

Wom­it wir auch schon wieder in Deutsch­land wären. Auch hierzu­lande dez­imiert sich die ursprünglich ein­mal-kon­ser­v­a­tive Partei — von der CDU ist die Rede — zur Zeit selb­st. Sosehr, dass sich ihr Haus­blatt Die Welt schon Sor­gen um ihren Heimatvere­in machen muss. Und um ihren Nach­wuchs ist man gewil­lt hinzufü­gen. So gese­hen hat Chris­t­ian von Boet­tich­ers über Face­book arrang­iert­er und dann grandios gescheit­ert­er Ver­such ein­er Ver­jüngerungskur im Selb­s­t­ex­per­i­ment schon etwas von ein­er bürg­er­lichen Verzwei­flung­stat. Da hil­ft es auch nicht, dass Simone Schmol­lack in der tageszeitung dem ver­liebten Poli­tik­er beis­pringt und ihre Leser fragt: „Warum regen sich eigentlich alle so auf?“, und hinzufügt: „Das ist rechtlich unbe­den­klich.“ Auf diese Art Nach­wuchs verzichtet die Union dann trotz­dem gerne, auf die argu­men­ta­tive Unter­stützung der ach so lib­ertären taz sowieso.

Doch ganz ehrlich: Wer braucht heutzu­tage noch die CDU? Wie wir wis­sen: Für kon­ser­v­a­tive Werte sind neuerd­ings sowieso die Grü­nen zuständig. Win­fried Kretschmann lässt grüßen.