Balibar und die Idee des Kommunismus
Vorhin habe ich einen Vortrag von Etienne Balibar gehört. Es ging um Theater, Ästhetik und Louis Althussers Ideologietheorie. Der Vortrag war nicht uninteressant, aber insgesamt hat sich schon mein Eindruck verstärkt, dass Balibar von den großen Althusser-Schülern (die anderen beiden heute noch weithin bekannten sind Jacques Rancière und Alain Badiou) zwar der sympathischste, aber auch der orthodoxeste — und langweiligste ist.
Ein schönes Zitat habe ich allerdings bei ihm gefunden, das ich gerne mit der geneigten (imaginären) Leserschaft teilen möchte:
Es besteht kein Zweifel, dass in Althussers Augen «Kommunismus» immer der (Eigen-) Name für Befreiung war, und zwar in Bezug auf jegliche Ausbeutung und Unterdrückung, und dass er fortan eindeutig die Gesamtbewegung bezeichnet, zu der sämtliche Formen des Kampfes für Freiheit und Brüderlichkeit in unseren Gesellschaftsformen (einschließlich der «sozialistischen» Gesellschaftsformen) beitragen.
Die Rede von der «Brüderlichkeit» ist zwar ein genderblinder Anachronismus, und zweifelhaft ist auch die Rhetorik der Unzweifelhaftigkeit — Balibar hat generell die Tendenz Althusser aufzuhübschen -, aber der Gedanke gefällt mir gut.
Etienne Balibar, Für Althusser, Mainz: Decaton/Edition Bronski 1994, S. 59.
Massenauswanderung aus der Schweiz Von Dummheit politisch verfolgt
Nachdem die Anti-Minarett‑, die Ausschaffungs- und die Masseneinwanderungs-Initiave an den Urnen erfolgreich waren und dafür eine Verlängerung des Urlaubs, die 1:12-Initiative sowie die Einführung eines Mindestlohns souverän abgelehnt wurden, steht bald der nächste SVP-Coup bevor. Eine neue Volksabstimmung soll verhindern, dass Kinder durch progressiven Sexualkundeunterricht über die Realität verschiedener sexueller Präferenzen aufgeklärt werden. Sie könnten ja auf falsche Gedanken kommen und z.B. schlagartig schwul werden.
Aus den anliegenden Ländern erreichen uns erste Nachrichten von Eidgenossinnen, die es nicht mehr aushalten. «Von soviel Dummheit fühle ich mich politisch verfolgt, ich stelle einen Antrag auf Asyl», sagt Roman aus Zürich nachdem er mit dem Fluchtflugzeug in Berlin gelandet ist. Und Sophie, eine weitere politisch von Dummheit Verfolgte, ergänzt: «Die machen mir Angst und Bange. Ich kann kaum noch schlafen, wenn ich daran denke, was denen als nächstes einfällt!»
Am kommenden Dienstag treffen sich die Innenminister aus Italien, Frankreich, Österreich und Deutschland um zu beraten, wie mit den Massen an Schweizer Asylsuchenden, die in den nächsten Wochen und Monaten über die Grenzen strömen werden, umzugehen ist.