Berlinale 2014Forum I

Ich bin es leid zu lamen­tieren, es ist ja auch seit Jahren bekan­nt. Das Forum, einst Ort des Neuen, Ungewöhn­lichen und Radikalen ist zu ein­er unklar und lieb­los zusam­mengewür­fel­ten Show des Gegen­wart­ski­nos gewor­den, wo sich halb­wegs geglück­te Debüt­filme mit semi-inter­es­san­ten oder gän­zlich miss­lun­genen Art­house-Fil­men abwech­seln. Zwis­chen­drin find­en sich auch immer wieder Perlen, klar, aber man muss schon großes Glück haben und die Suche ist ach so beschw­er­lich. Dass ich trotz­dem schon einige Filme aus dieser Sek­tion gese­hen habe, liegt vor allem daran, dass in den let­zten drei Wochen bere­its Pres­sevor­führun­gen stat­tfan­den, wo ich es dann immer mal wieder — entwed­er weil ich den/die Filmemacherin kan­nte oder weil sich die Beschrei­bung inter­es­sant anhörte — ein, zwei Stun­den aus­ge­hal­ten habe. 

Zu den Fil­men, die heute Pre­miere feiern, habe ich fol­gende Notizen:

Que ta joie demeure (Denis Côté, CAN 2014) bietet einige sehr schön anzuse­hende, län­gere und fix kadri­erte oder in sehr langsamer frontaler Kam­er­abe­we­gung aufgenommene Maschi­nen, die zum Teil etwas antiquiert anmuten. Dazwis­chen Men­schen, die sie bedi­enen oder sich in der Pause über ihre Beziehun­gen und beson­dern Bindun­gen zu den Maschi­nen unter­hal­ten. Stel­len­weise wirkt das doku­men­tarisch-authen­tisch, in anderen Momenten dage­gen ganz the­atral-fik­tion­al. Manch­mal wird deklamiert, wird der gle­iche Slo­gan wieder­holt: „Tra­vailler dure n’a jamais tué per­son­ne. – Mais pourquoi pren­dre le risque?“ („Hart zu arbeit­en hat noch jeman­den getötet. – Aber warum sollte man es riskieren?“). Richtig zusam­men läuft alles nicht; was der Filmemach­er von den Maschi­nen und seinen Fig­uren will, erschließt sich kaum. Das kann man dur­chaus störend find­en — oder auch nicht.

Que ta joie demeure

Gui Ri Zi (Shad­ow Days, Zhao Dayan, CN 2o14)
Die ersten lan­gen Ein­stel­lung vergewis­sern sich des beson­deren Schauw­erts der Land­schaft rund um ein Bergdorf in der chi­ne­sis­chen Prov­inz. Der eigentliche Plot erweist sich bald als arg überkon­stru­iert: Ein junger Typ erre­icht das Dorf mit sein­er schwan­geren Fre­undin und bit­tet seinen Onkel, den Bürg­er­meis­ter, um Hil­fe; dieser erfährt, dass sein Neffe in einen Mord ver­wick­elt ist, lässt ihn aber den­noch für sich arbeit­en. Der Bürg­er­meis­ter ste­ht unter dem Druck höher­er Behör­den, die auf die strenge Ein­hal­tung der Ein-Kind-Poli­tik drän­gen und eine Min­destzahl an vorzunehmenden Abtrei­bun­gen fest­set­zen. Der Neffe entwick­elt per­fide Meth­o­d­en, um die schwan­geren Frauen aus ihren Häusern zu holen und auf einem Trans­porter in die näch­ste Abtrei­bungsklinik brin­gen zu lassen. Am Ende eskaliert alles auf eine Art, die mir den Film ganz ver­lei­det hat.

Thou Wast Mild and Love­ly (Josephine Deck­er, USA 2012/2014)
Die extremen Hand­kam­er­abe­we­gun­gen und Unschär­fen der Ein­stiegsse­quenz beruhi­gen sich mit der Zeit etwas, bleiben aber eins der bes­tim­menden Gestal­tungsmit­tel. Ästhetisch stel­len­weise angelegt an ähn­liche Sequen­zen aus Ter­rence Mal­icks Tree of Life wer­den beson­dere Wahrnehmungen der Natur und wird eine ero­tis­che Sinnlichkeit evoziert. Ein junger Mann heuert auf ein­er Farm an, ver­leugnet seine Frau und seine Kinder, muss sich vom Farmer als Schwuch­tel beschimpfen lassen und begehrt dessen Tochter. Wie sich die poet­is­chen Phrasen der Voice-Over der Tochter vom Anfang und vom Schluss dazu ver­hal­ten und über­haupt wie das Ende zu deuten ist, hat sich mir nicht ganz erschlossen.

Thou Wast Mild and Lovely

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