Der Bock als Gärtner
Oder ein Richter namens Tomas Norström als Richter im Verfahren gegen the Pirate Bay, es läuft wahrscheinlich auf das Gleiche hinaus. Denn wie bereits im Mai bekannt wurde, ist eben dieser Richter Mitglied einer Organisation, die sich für den stärkeren Schutz des Urheberrechts einsetzt, und den unverfänglichen Namen Swedish Copyright Association trägt. Rein zufällig sind dort auch die Anwälte der Musikfirmen vertreten, die gegen die Betreiber von The Pirate Bay geklagt hatten, namentlich Henrik Pontén, Peter Danowsky, und Monique Wadsted. Dass Norström auch noch im Vorstand der Swedish Association for the Protection of Industrial Property sitzt (eine Lobbygruppe, die ebenfalls für eine Verschärfung der Urheberrecht eintritt), fällt da schon kaum mehr ins Gewicht.
Als die vier Angeklagten ihre Einsprüche gegen das Urteil einreichten, stützten sie sich unter anderem auf diese Tatsache, und warfen dem Richter Befangenheit vor. Wie jetzt (glücklicherweise erst nach der Europawahl — sonst hätten sich die Piraten wahrscheinlich über ein zweistelliges Ergebnis freuen können) bekannt wurde, sieht das Bezirksgericht in Stockholm das anscheinend anders. Die Stockholmer Richter meinen, aus der Mitgliedschaft Norström in den Organisationen sei nicht auf Befangenheit zu schließen. Vielmehr habe sich der Richter dort in Urheberrechtsfragen fortgebildet und Informationen über neue Entwicklungen eingeholt. Der Richter Norström sei im Gegenteil sogar zu loben, da er sich bemühe, mit den aktuellen Entwicklungen in Urheberrechtsfragen Schritt zu halten.
Das ist jedoch nicht das erste Mal, dass im Pirate Bay-Fall die ein oder andere Augenbraue zu heben gibt. Vor einem Jahr sorgte Jim Keyzer für ähnliches Aufsehen. Der hatte als Polizist den Fall untersucht, wechselte anschließend zu Warner Bros., und nahm ein paar Monate später wieder seine alte Stellung bei der Polizei ein. Leider musste Warner zugeben, dass er bereits für das Unternehmen gearbeitet hat, als er noch Polizist, und mit der Untersuchung der Piratenbucht beschäftigt war. Selbstverständlich ist Keyzer als Zeuge der Anklage aufgerufen worden, obwohl vorher beständig das Gegenteil behauptet worden war.
Angesichts solcher Verstrickungen wird klar, beginnt man an der Unabhängigkeit des schwedischen Rechtssystems zu zweifeln, vor allem in Schweden. Und so ist auch der Erfolg der Piratenpartei bei der Europawahl bei näherer Betrachtung wohl nicht nur auf die Forderung nach kostenlosen Musikdownloads für alle zu reduzieren, sondern erklärt sich vielmehr aus solchen Missständen in der angeblich unabhängigen Justiz.
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