Der Präsident protestiert für dieses Wikileaks

Lula, Ricardo Stuckert/PR (CC-BY-SA)Es war zwar nicht alles hun­dert­prozentig trans­par­ent in sein­er Amt­szeit und Kor­rup­tion ist in Brasilien wahrschein­lich genau­so ver­bre­it­et und (im kleinen Rah­men) genau­so gesellschaftlich akzep­tiert wie Fußball­spie­len oder Sam­bat­anzen oder Dro­gen­händler­a­bknallen, trotz­dem weiß Brasiliens Präsi­dent Lula manch­mal ein­fach instink­tiv, was richtig und was falsch ist, was gut und was schlecht ist, und sagt das dann auch.

So heute im Falle von Wikileaks:

Ich finde es ungewöhn­lich, dass ein Junge, der die amerikanis­che Diplo­matie lächer­lich gemacht hat… Wie heißt das? Dieses Wik­ileaks da… Der Junge wurde festgenom­men und ich sehe nicht einen Protest gegen die [Ein­schränkung der] Meinungsfreiheit.

Sagt der Präsi­dent während ein­er Pressekon­ferenz (zu einem ganz anderen The­ma, PAC 2, tut hier nichts zur Sache) und nutzt — unter dem Applaus der anwe­senden Reporter — die Gele­gen­heit, um weit­er auszuteilen.

Ist schon komisch. Ich habe nichts gegen die Mei­n­ungs­frei­heit eines Jun­gen, der die min­der­w­er­tige Arbeit einiger Botschafter bloß legt. […] Wenn es nichts zu schreiben gibt, schreibt man keinen Blödsinn!

Gemeint sind die “Infor­ma­tio­nen” der amerikanis­chen Diplo­mat­en, die sich in eini­gen Fällen darauf beschränk­ten, aufzuschreiben, wie sich ein Staat­sober­haupt klei­de oder ob er bei Par­tys teil­nehmen würde.

Und dann taucht dieses Wik­ileaks auf, ent­blößt die bis dahin unberührbare Diplo­matie, die sich­er­ste der Welt, und dann fängt die Suche [nach Julian Assange] an. Ich weiß nicht, ob sie Plakate aufge­hängt haben, wie damals im Wilden West­en, à la “Gesucht — Tod oder Lebendig!”. Dann nehmen sie den Jun­gen fest und ich sehe nicht eine Stimme des Protests. Der Stuck­in­ha (Ricar­do Stuck­ert, Medi­en­beauf­tragter des Präsi­den­ten) soll mal auf das Blog des Präsi­den­ten den ersten Protest veröf­fentlichen, und zwar, [für] die Mei­n­ungs­frei­heit im Inter­net, damit wir dage­gen protestieren kön­nen, dass ein Junge nur das veröf­fentlicht hat, was er gele­sen hat.

Ganz so stimmt das zwar (offiziell) nicht was Lula da sagt, aber es hat ten­den­ziell schon seine Richtigkeit, vor allem, wenn man es ver­all­ge­mein­ert, was er dann tut.

Und wenn er liest, weil jemand schreibt, ist der Schuldige nicht der, der ver­bre­it­et, son­dern der, der schreibt. Also, anstatt den Ver­bre­it­er zu beschuldigen, sollte der­jenige beschuldigt wer­den, der den Blödsinn geschrieben hat, anson­sten gäbe es diesen Skan­dal nicht.

Abschließend, damit auch jedes Blatt bzw. Blog etwas zu zitieren hat, der Präsi­dent ist schließlich Medienprofi:

Wik­ileaks gilt meine Sol­i­dar­ität für die Veröf­fentlichung der Doku­mente und ich protestiere gegen die Ein­schränkung der Meinungsfreiheit!

Das erwäh­nte Präsi­den­ten-Blog gibt es dort (auf Por­tugiesisch), Video mit dem Orig­inal­ton hier:

Eine Meinung zu “Der Präsident protestiert für dieses Wikileaks

  1. Es ist schon komisch ruhig gewor­den um Wik­ileaks und Julian Assange. Kön­nte natür­lich auch sein, dass da im Hin­ter­grund einge Deals abge­laufen sind. Finanzielle Mit­tel, Straf­frei­heit bei der Verge­wal­ti­gungs­geschichte, einen gewis­sen Sta­tus, wie ihn nur Staat­en ver­lei­hen kön­nen, wer weiss? Auf jeden Fall fällt auf, dass nach dem anfänglichen weltweit­en Hype, der seines­gle­ichen suchte, nun­mehr gegen Null tendiert. Grüße aus Berlin

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