Der Sturzbach

Es klopfte an der Tür. Klippe seufzte. “Das bes­timmt wieder ist Hibiskus. Gib mir den Spiegel. Ich ihn schla­gen mit sein­er eige­nen Vis­age.” Bud­dy öffnete die Tür. Hibiskus stand im Flur, allerd­ings hin­ter einem kleineren Mann, der einen lan­gen Man­tel trug und betont fre­undlich lächelte

Der Prozess

gegen The Pirate Bay hat nicht nur Blog­ger und Jour­nal­is­ten auf der ganze Welt fasziniert, son­dern auch den Autor zu ein paar Gedanken ani­miert. Und was wären Blogs, wenn man nicht alles, was einem ger­ade durch den Kopf schießt, sofort ins Netz posaunen würde? Eben.
Im Grunde genom­men ist er ja, auch dank der (massen)medialen Auf­bere­itung eine Vari­a­tion des David-Goliath-The­mas. Eine hand­voll schwedis­ch­er Hack­er mit aus­re­ichend nerdi­gem Humor gegen die gesicht­slose Anwalt­sar­ma­da der Con­tentin­dus­trie, die der Welt ihren Schaden verkaufen möchte, und (auch von mir) zurecht mit Spott über­häuft wird.

Ah”, sagte das Lächeln. “Du bist Bud­dy, nicht wahr?” “Äh, ja.” Und dann war der Mann im Zim­mer, obgle­ich er sich über­haupt nicht bewegt zu haben schien. Er trat die Tür zu, bevor der Wirt ein­treten kon­nte. “Mein Name lautet Schnap­per”, stellte sich der Besuch­er vor. “Treibe-mich-selb­st-in-den-Ruin Schnap­per. Ver­mut­lich habt ihr bere­its von mir gehört.” “Ugh!” “Mit dir rede ich nicht! Ich meine die anderen.” “Nein”, antwortete Bud­dy. “Den Namen höre ich zum ersten Mal.” Das Lächeln schien noch etwas bre­it­er zu werden.

Das Princip

Zu großen Teilen ist es natür­lich der bil­lig­ste Spott, der sich über die Con­tentin­dus­trie ergießt, vornehm­lich in Form von Vorhal­tun­gen bezüglich des Ver­sagens im Ver­ständ­nis der Funk­tion­sweise des Sturzbach­es. Dies mag nachvol­lziehbar sein, greift aber im entschei­den­den Moment knapp daneben, wenn es um die Sache an sich geht.

Teil­habe, mit­teilen, teil­nehmen, Anteil nehmen, teilen — diese Begriffe sind für alle Men­schen pos­i­tiv kon­notiert. Und das sollte auch nie­man­den ver­wun­dern, schließlich ist es eines der Erfol­gsrezepte des mod­er­nen Men­schen. Seit der Anthro­po­ge­nese teilt der Men­sch seine Nahrung, ob am Lager­feuer oder in der Ein­bauküche, obwohl dadurch für das einzelne Indi­vidu­um weniger Nahrung vorhan­den ist. Doch das Teilen bezieht sich nicht nur auf materielle Dinge. Eine wichtige Erfahrung mit einem anderen Men­schen zu teilen ist nicht nur ein wun­der­bares Erleb­nis; es stärkt eben­so das Selb­stver­trauen, wie die Bindung zweier Per­so­n­en. Es stellt mithin die Prämisse der Kol­lab­o­ra­tion freier Indi­viduen dar.

Es wer­den Leben und Schick­sale geteilt, eben­so, selb­stre­dend deut­lich pro­fan­er, Büch­er, Bilder, Melo­di­en und Gedanken. Dass der staatliche Repres­sion­sap­pa­rat aus­gerech­net gegen diesen Umstand ange­wor­fen wird, zeigt nur zu deut­lich, dass im herrschen­den Sys­tem Human­ität nicht erwün­scht ist, und aktiv an die Rän­der der Gesellschaft gedrängt wird. 

Mir ist zu Ohren gekom­men, dass ihr Jungs in Schwierigkeit­en seid”, sagte Schnap­per. “Zertrüm­merte Ein­rich­tung und so.” “Man uns nicht ein­mal bezahlt.” Klippe richtete einen bösen Blick auf Glod. “Nun”, sagte Schnap­per, “da kann ich euch vielle­icht helfen. Ich bin Geschäfts­mann. Ich mache Geschäfte. Ihr seid Musik­er und macht Musik. Bes­timmt wollt ihr euch nicht um Dinge wie Geld und der­gle­ichen den Kopf zer­brechen müssen, oder? Das stört nur bei der ganzen Kreativ­ität und so. Wie wär’s, wenn ihr das Finanzielle mir überlasst?”

Die Praxis

des Teilens ist durch die glob­ale Ver­net­zung verän­dert wor­den. Sie ist auch durch die neolithis­che Rev­o­lu­tion verän­dert wor­den. Und sie wird mit Sicher­heit auch in der Zukun­ft weit­er verän­dert wer­den. Wenn Men­schen selb­st dann etwas teilen, wenn es einen per­sön­lichen Verzicht bedeutet, warum soll­ten sie damit aufhören, wenn kein­er verzicht­en muss, da man mit ein wenig Strom und ein paar Hal­bleit­ern eine exak­te Kopie erstellen kann? Selb­st wenn The Pirate Bay schließen müsste, selb­st wenn seine Betreiber hin­ter schwedis­che Gar­di­nen müssten; die Büchse der Pan­do­ra ist geöffnet, und ein Schauprozess wird sie nicht wieder schließen können.

Wäre ich Pes­simist, würde ich ver­muten, dass die alte Autorität der Inhal­tev­er­wal­ter nur allzu schnell gegen eine neue getauscht wird. Auch Guten­berg hat die Bedeu­tung des Buch­es verän­dert, und es sei ihm posthum noch ein­mal expliz­it gedankt für diesen (vielle­icht unge­woll­ten) Akt der Emanzi­pa­tion, aber anti­au­toritär war die Wirkung seines Schaf­fens lei­der nicht.
Als Opti­mist sage ich, dass die Summe der kleinen Befreiun­gen aus der Bevor­mundung eine Emer­genz her­vor­bringt, die sich nicht mehr kon­trol­lieren lässt.

Gratis?” Das Wort huschte an Schnap­pers Zäh­nen vor­bei, bevor sie zuk­lap­pen und eine undurch­dringliche Bar­riere bilden kon­nten. Er fasste sich inner­halb weniger Sekun­den. “Ihr wollt dafür nicht bezahlt wer­den? Nun…” Bud­dy blieb unbeein­druckt. “Ich meine fol­gen­des: Wir bekom­men kein Hon­o­rar, und nie­mand braucht Ein­tritt zu bezahlen. Außer­dem sollen so viele Leute wie möglich kom­men.” “Gratis? Wo ist da der Gewinn?”

Eine Meinung zu “Der Sturzbach

  1. […] bei Dath nicht erwäh­nt) hat sich mit der Erfind­ung und raschen Ver­bre­itung des Tor­rentsys­tems, des Sturzbachs, ein uni­ver­sal­isiert­er Tausch und damit das urkom­mu­nis­tis­che Prinzip „Alles für alle und das […]

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