Ein Schiff wird kommen

Eine Fre­gat­te mit uni­formiert­er Besatzung, die wed­er Polizei noch Armee ist, trainiert, um Unruhen und Auf­stände niederzuschla­gen. Nein, wir reden nicht über Syrien oder den Jemen, das spielt sich alles in der wohli­gen Wärme der Fes­tung Europa ab, genauer gesagt in Griechen­land und Spanien. Gün­stig, dass in den Erläuterun­gen zu Artikel 2 (Recht auf Leben), Absatz 2 der EMRK fol­gen­der Hin­weis als explizite Inter­pre­ta­tion­shil­fe des heili­gen Europäis­chen Kon­vents deutsch­er Nation gegeben wird:

Eine Tötung wird nicht als Ver­let­zung dieses Artikels betra­chtet, wenn sie durch eine Gewal­tan­wen­dung verur­sacht wird, die unbe­d­ingt erforder­lich ist, um einen Aufruhr oder Auf­s­tand recht­mäßig niederzuschlagen.

So kann man unge­niert Gewalt gegen die eigene Bevölkerung ausüben und gle­ichzeit­ig mit ein­er passend geschnitzten Men­schen­recht­skon­ven­tion wedeln. Und mit Geld, denn es gibt etwas zu holen. Zumin­d­est in Griechen­land. Der Flughafen in Athen ist wohl zu haben, Fra­port bietet schon mit. Die Wasser­w­erke von Athen ste­hen zum Verkauf, während in der Schlos­sallee zwei neue Hotels gebaut wer­den. Selb­st der taz gehen die Pri­vatisierun­gen nicht schnell genug. Hört sich alles nach einem feucht­en Kap­i­tal­is­ten­traum an? Es wird noch bess­er. EZB-Chefökonom Jür­gen Stark, Träger des renom­mierten Detlef-Rohwed­der-Preis­es, schlägt eine Treu­hand für Griechen­land vor, um die vorhan­de­nen Ver­mö­genswerte “bess­er zu mobil­isieren”. Jean-Claude Junck­er, die graue Emi­nenz des europäis­chen Gel­dadels, sekundiert.

Nun haben die griechis­chen Bürg­er auf den Ausverkauf ihres Eigen­tums ver­ständlicher­weise eher wenig Bock. Griechen­land ist schon ein rel­a­tiv armes Land, die Staat­saus­gaben­quote im Ver­gle­ich zu anderen Indus­tri­es­taat­en nicht beson­ders hoch, das Renten­niveau ist ins­ge­samt niedrig, das mit­tlere Rentenein­trittsalter liegt mit 61,4 Jahren im EU-Durch­schnitt und die Renten­höhe liegt unter dem EU-Durch­schnitt. Zudem hat das Land in der Finanzkrise enorme Pri­vatschulden ver­staatlicht. Seit einem Jahr gibt es Gen­er­al­streiks und Massendemon­stra­tio­nen. Jet­zt wird der Platz vor dem Par­la­ment von zehn­tausenden belagert, die sich expliz­it auf die Protest­be­we­gung in Spanien beziehen. Inter­na­tionale Sol­i­dar­ität FTW!

Knüp­pel und Gum­migeschosse sind die Antwort auf die Forderung nach echter Demokratie. Doch in Spanien reicht das nicht mehr, denn der Plaza de Catalun­ya wurde vertei­digt, damit die Vorschläge der Bewe­gung “Democ­ra­cia Real YA!” weit­er gehört wer­den können.

 

1. Abschaf­fung der Priv­i­legien der poli­tis­chen Klasse

  • Strik­te Kon­trolle allfäl­liger Arbeitsver­säum­nisse der gewählten Amt­sträger. Gezielte Sank­tio­nen bei Amtspflichtverletzung.
  • Besei­t­i­gung der Steuer­priv­i­legien und der Priv­i­legien bei der Beitragszahlung an die Pen­sion­skassen und beim Bezug von Pensionen.
  • Angle­ichung der Gehäl­ter der gewählten Amtsper­so­n­en an das mit­tlere Einkom­men in Spanien zuzüglich der Spe­sen, die bei der Ausübung des Amtes wirk­lich notwendig sind.
  • Aufhe­bung der Immu­nität, die mit dem Amt ver­bun­den ist. Unver­jährbarkeit bei Korruption.
  • Oblig­a­torische Veröf­fentlichung der Ver­mö­gen aller Inhab­er öffentlich­er Ämter.
  • Kürzung der frei ver­füg­baren Spesen.

 

2. Gegen die Arbeitslosigkeit

  • Verteilung der Arbeit, indem die Arbeit­szeit reduziert wird und die Arbeitsverträge geschlichtet wer­den, bis die struk­turelle Arbeit­slosigkeit beseit­igt ist (d.h. bis die Arbeit­slosigkeit unter fünf Prozent fällt).
  • Pen­sion­ierung mit 65 Jahren. Keine Erhöhung des Pen­sion­salters, bevor die Jugen­dar­beit­slosigkeit beseit­igt ist.
  • Bonus für Unternehmen, die weniger als zehn Prozent Angestellte mit befris­teten Arbeitsverträ­gen haben.
  • Sicher­heit bei der Anstel­lung: Verun­möglichung von Masse­nent­las­sun­gen bei großen Unternehmen, solange Gewinne aus­gewiesen wer­den, selb­st wenn objek­tive Gründe vorliegen.
  • Überwachung der großen Unternehmen, um sicherzustellen, dass sie nicht Arbeit­splätze mit zeitlich befris­teten Angestell­ten beset­zen, obwohl Fes­tanstel­lun­gen möglich wären.
  • Wiedere­in­führung der Arbeit­slose­nun­ter­stützung von 426 Euro für alle Langzeitarbeitslosen.

 

3. Recht auf eine Wohnung

  • Staatliche Enteig­nung von Woh­nun­gen, die auf Vor­rat gebaut und nicht verkauft wur­den, so dass sie auf dem geschützten Woh­nungs­markt ver­mi­etet wer­den können.
  • Miet­zuschüsse für Junge und Men­schen mit geringem Einkommen.
  • Ermöglichung der „Leis­tung an Erfül­lung Statt“1, so dass Hypotheken aufge­hoben wer­den können.

 

4. Qual­ität bei den öffentlichen Diensten

  • Ver­mei­dung unnötiger Aus­gaben bei den öffentlichen Ver­wal­tun­gen und Ein­führung ein­er unab­hängi­gen Kon­trolle der öffentlichen Bud­gets und Ausgaben.
  • Anstel­lung von Gesund­heitsper­son­al, bis es [bei den Gesund­heits­di­en­sten] keine Wartelis­ten mehr gibt.
  • Anstel­lung von Lehrern, damit die Klas­sen­größen nicht noch größer wer­den und der Förder- und Stützun­ter­richt gewährleis­tet ist.
  • Reduk­tion der Ein­schreibege­bühren bei allen uni­ver­sitären Stu­di­engän­gen, indem die Kosten der Auf­baus­tu­di­en an jene der Grund­stu­di­en angeglichen werden.
  • Öffentliche Finanzierung der Forschung, um ihre Unab­hängigkeit zu garantieren.
  • Gün­stige und ökol­o­gisch nach­haltige öffentliche Verkehrsmit­tel, die den Qual­ität­san­forderun­gen genü­gen. Wieder­in­be­trieb­nahme der Züge, die durch die AVE2 erset­zt wur­den und Wiedere­in­führung der ursprünglichen Preise. Ver­bil­li­gung der Abon­nemente im öffentlichen Verkehr.
  • Sozial­hil­fe vor Ort: wirk­same Anwen­dung der Ley de Dependencia3, Schaf­fung eines Betreu­ungs­di­en­stes auf Gemein­deebene sowie eines lokalen Ver­mit­tlungs- und Schutzdienstes.

 

5. Kon­trolle der Bankinstitute

  • Ver­bot jeglich­er Art von Banken­ret­tung und Kap­i­tal­spritzen für Bank­in­sti­tute. Banken in Schwierigkeit­en müssen Konkurs gehen oder ver­staatlicht wer­den, so dass eine Bank unter  öffentlich­er Auf­sicht entsteht.
  • Erhöhung der Steuern für die Banken pro­por­tion­al zu den öffentlichen Aus­gaben, die im Zuge der Krise wegen schlechter Geschäfts­führung getätigt wurden.
  • Rück­er­stat­tung aller öffentlichen Gelder, die durch die Banken­ret­tung aufgewen­det wurden.
  • Ver­bot für spanis­che Banken, in Steuer­paradiesen zu investieren.
  • Reg­ulierung und Sank­tion­ierung speku­la­tiv­er Geschäfte und ander­er schädlich­er Geschäft­sprak­tiken der Banken.

 

6. Besteuerung

  • Steuer­erhöhung bei großen Ver­mö­gen und großen Bankinstituten.
  • Auflö­sung der SICAV4.
  • Wiedere­in­führung der Erbschaftssteuer.
  • Tat­säch­liche und wirk­same Kon­trolle von Steuer­hin­terziehung und Steuerflucht.
  • Ein­satz auf inter­na­tionaler Ebene für die Ein­führung ein­er Finanz­transak­tion­ss­teuer auf inter­na­tionalen Devisen­geschäften (Tobin-Steuer).

 

7. Bürg­er­liche Frei­heit­en und par­tizipa­tive Demokratie

  • Nein zur Überwachung des Inter­nets. Aufhe­bung des Sinde-Gesetzes5.
  • Schutz der Infor­ma­tions­frei­heit und des inves­tiga­tiv­en Journalismus.
  • Oblig­a­torische und verbindliche Volk­sentschei­de bei Fra­gen, welche die Lebens­be­din­gun­gen der Bürg­er tief gehend verändern.
  • Oblig­a­torische Volk­sentschei­de vor der Ein­führung dik­tatähn­lich­er Bes­tim­mungen seit­ens der Europäis­chen Union.
  • Anpas­sung des Wahlge­set­zes, so dass ein wirk­lich repräsen­ta­tives Ver­hält­niswahlrecht garantiert ist, das keine poli­tis­che Kraft noch einen Volk­swillen diskri­m­iniert und in dem auch  Leer­stim­men und ungültige Stim­men in der Leg­isla­tive ihren Nieder­schlag finden.
  • Unab­hängigkeit des Rechtswe­sens: Reform der Staat­san­waltschaft, um deren Unab­hängigkeit zu garantieren. Nein zur Nominierung der Mit­glieder des Ver­fas­sungs­gerichts und des Richter­wahlauss­chuss­es durch die Exekutive.
  • Ein­führung wirk­samer Mech­a­nis­men, die demokratis­che Prozesse inner­halb der Parteien garantieren.

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