Fotografischer Adventskalender 3 (Le Gray, 1856/57)
Gustave Le Gray hat eine recht interessante Lebensgeschichte. Bevor er Fotograf wurde, überzeugte er seine Familie, dass der für ihn vorgesehene Beruf des Notarangestellten nicht das Richtige sei und besuchte stattdessen eine Kunsthochschule, um Maler zu werden. Seine Gemälde wurden 1948 sowie 1953 sogar im renommierten «Salon» in Paris ausgestellt, ohne jedoch größere Aufmerksamkeit zu erregen. Die erfuhr ihm erst als Fotograf und führte dazu, dass er der erste Hoffotograf Frankreichs wurde. Der Ruhm — insbesondere der postume: 2007 erzielte ein Album mit seinen Fotografien 696 730 € — hat ihm zu Lebzeiten wenig geholfen. Hochverschuldet floh er 1860 vor seinen Gläubigern nach Ägypten, wo er schließlich 1884 starb.
Die Kunstausbildung sieht man seinen Fotografien an. Das gilt in besonderem Maß für die hier abgebildete, die aus einem Zyklus von Meeresansichten stammt, die Le Gray zwischen 1856 und 1858 an der Küste der Normandie und der französischen Mittelmeerküste realisierte. Wenn Le Gray manchen als «wichtigster französischer Fotograf des 19. Jahrhunderts» gilt, so wird das nicht zuletzt mit den innovativen Techniken begründet, die er zur Anwendung brachte. Da es zur damaligen Zeit schwierig war, Himmel und Meer gleichzeitig aufzunehmen (die Wolken brauchten eine sehr viel längere Belichtungszeit als die Wellenbewegungen des Meeres, die nur kurz belichtet werden durften), erfand Le Gray die Technik des sogenannten «ciel rapporté» [angestückelter Himmel]. Dabei werden zwei Negative belichtet, eins für die obere, das andere für die untere Bildhälfte und dann zusammengesetzt.