Fotorealismus

Zunächst mag man das für eine recht bescheuerte Idee hal­ten: über Monate hin­weg mit großer Mühe um Detail­treue ein Ölbild zu malen, das am Ende aussieht wie ein Foto. Oder für einen mehr oder min­der gelun­genen kun­st­diskur­siv­en Gag zur Ver­drän­gung der gegen­ständlichen Malerei durch die Fotografie. Wenn man die Bilder dann aber sieht, wozu sich momen­tan noch für eine Woche im Berlin­er Guggen­heim die Gele­gen­heit bietet — und am morgi­gen Mon­tag zum let­zten Mal für lau -, bekommt man eher den Ein­druck, dass es sich in manchen Fällen um ver­i­ta­ble (wenn auch recht unbekan­nte) Meis­ter­w­erke  der Malerei des 20. Jahrhun­derts handelt.

Beein­druck­end sind beson­ders jene Bilder, die kom­plexe Ver­spiegelun­gen zeigen. Bei manchen ist man sich nicht sich­er, ob man von draußen nach drin­nen guckt, und sich die Straße in der Fen­ster­scheibe spiegelt, oder umgekehrt. Oder auf welch­er Seite der Scheibe wir die Leuchtreklame ver­muten sollen. Dass es gelingt, mit ein­er Farb­schicht den überzeu­gen­den Ein­druck der­ar­tiger Trans­parenz und Lichtre­flek­tion zu schaf­fen, ist schon eine bemerkenswerte kun­sthandw­erk­liche Leistung.

Aber die Gemälde haben auch eine inter­es­sante intellek­tuelle Dimen­sion: Das ‘men­tal map­ping’ des Bil­dauss­chnitts und die Selb­stveror­tung des Betra­chters gegenüber der abge­bilde­ten Räum­lichkeit ger­at­en näm­lich in manchen Fällen ins Wanken und damit das Regime der Repräsen­ta­tion für dessen plaka­tives Par­a­dig­ma man den Foto­re­al­is­mus doch eigentlich hal­ten sollte. Selb­st bei den Bildern, deren räum­liche Ver­hält­nisse noch rel­a­tiv ein­fach zu rekon­stru­ieren sind (wie bei den bei­den Beispie­len) scheint der Gegen­stand der Darstel­lung im Grunde irrel­e­vant zu sein. Tat­säch­lich rück­en manche Bilder bezüglich der Kom­plex­ität ihrer visuellen Infor­ma­tion in die Nähe des Abstrak­ten Expres­sion­is­mus. Die Wahl des Auss­chnitts gehorcht keinem hier­ar­chis­chen inhaltlichen Gesetz, son­dern vielmehr bild­kom­pos­i­torischen Über­legun­gen, die vom Dik­tat der Abbil­dung befre­it sind.

Dass die Gemälde dabei natür­lich trotz­dem auch inhaltlich in der Welt ver­ankert sind, aus der sie stam­men (in den meis­ten Fällen die USA der 60er-80er Jahre des 20. Jahrhun­derts) ist den­noch offenkundig: Schaufen­ster von Mode­bou­tiquen, Kinoleuchtrekla­men, mod­ernistis­che Bar­in­terieurs, sich spiegel­nde Autos und Pas­san­ten etc. Und damit leg­en sie auch Zeug­nis ab über eine bes­timmte Gesellschaft in ein­er bes­timmten his­torischen Zeit. Der­art gelingt bei eini­gen Meis­ter­w­erken des Foto­re­al­is­mus der Spa­gat zwis­chen Repräsen­ta­tion und Abstrak­tion, zwis­chen rein­er Ober­fläche und dop­pel­ter bildlich­er Tiefe.

2 Meinungen zu “Fotorealismus

  1. […] antizip­iert die Kun­st­fo­tografie Kühns, die ihre stilis­tis­chen Para­me­ter der Malerei entlehnt, den Foto­re­al­is­mus, der jene Geste im späten 20. Jahrhun­dert — und damit unter ein­er kom­plett veränderten […]

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