Hasenfüßige Osterlektüre
Es ist Ostern. Eine Zeit, die ich traditionellerweise in einem Haushalt mit gutem Essen und einem FAZ-Abonnement verbringe. Es ist ein wenig wie Weihnachten mit Sonne, nur mit Lamm statt Gans. So komme ich einerseits in den Genuss familiärer Hausmannskost, aber andererseits auch in die Verlegenheit, den konservativen Blödsinn der “Zeitung für Deutschland” zu lesen. “Schutzlos ausgeliefert” war wieder einmal ein hervorragendes Beispiel für die digitale Unmündigkeit eines Verlags. Der Autor Jan Hegemann, seines Zeichens Prof für Urheber- und Medienrecht an der FU Berlin, plädiert in seiner unter “Staat und Recht” veröffentlichten Schrift für ein neues Leistungsschutzrecht für Presseverlage.
Nach seiner Meinung ist es für die großen Rechtsabteilungen der Zeitungs-Verlage zur Zeit einfach viel zu schwierig, Privatpersonen oder Internetdienste zu verklagen:
Der Verleger muss im Prozess gegen einen [Urheberrechts-]Verletzer das Bestehen ausschließlicher Nutzungsrechte an dem übernommenen Beitrag beweisen. Das ist aufwendig und scheitert spätestens dann, wenn der Journalist dem Verleger, was jedenfalls im Bereich der Tageszeitungen den gesetzlichen Normalfall darstellt, lediglich einfache Nutzungsrechte eingeräumt hat.
Unvorstellbar! Wenn der ach so ohnmächtige Verleger nicht einfach mal behaupten kann, dass ihm die Rechte gehören und er das auch noch beweisen muss, wo kommen wir da hin?! Da ist das Ende von Abendland und Rechtsstaat nicht mehr weit, “da ein Demokratie ohne Presse und Pressevielfalt nicht lebensfähig ist.”
Hegemann erwähnt zwar mit keinem Wort den laufenden Rechtsstreit der FAZ mit dem Perlentaucher, bezieht sich aber implizit auf den von der FAZ provozierten Rechtsstreit um 1.100 verlinkte Zeichen eines 18.000-Zeichen-Beitrags.
Der Perlentaucher hatte einen Artikel des Schweizer Autors Hürlimann vom 25. März 2009 zitiert und in seiner täglichen Presseschau verlinkt. Obwohl die Rechtslage eigentlich als geklärt galt, schickte der Franfurter Verlag dem Perlentaucher eine Rechnung über 590 Euro. Was aber zu dem Zeitpunkt anscheinend nicht klar war, war die Frage, wem die Rechte an dem Text denn eigentlich gehören. Als Hürlmann erfuhr, dass die FAZ in seinem Namen gerade den Internetdienst verklagt, der seinen Text erst verbreitet hat, was sogar zu einem Wiederabdruck in der Schweiz geführt hat, meldete er sich und gab dem Perlentaucher die Erlaubnis seinen Text weiterhin zu zitieren.
Um einen Leserbriefschreiber zu zitieren: “Die Freiheit, sein Urheberrecht zu verteidigen oder nicht, ist im Uebrigen Teil des Urheberrechtes. Der Vorschlag laeuft deshalb auf eine Enteignung der Urheber hinaus. Bei der Entscheidung ueber die Rechtsverfolgung geht es nicht nur um Geld, sondern auch um Macht.”
Ach du dickes Ei. Liebe FAZ, wenn schon tendenziös berichtet bzw. in eigener Sache argumentiert werden muss, dann gehört auch so viel Mut dazu, zu sagen, um welche Interessen es geht — nämlich um die eigenen. Alles andere ist doch sehr — wie soll ich sagen — sehr hasenfüßig.