Hosen runter!
Stell dir vor, der Wahlkampf ist langweilig, und alle schauen zu. Wobei die Bezeichnung Wahlkampf für die derzeit statthabende, niveauarme Politclownerie schon ein unverdientes Gütesiegel ist. Gut, es ist ja nichts Neues, dass die von der wichtigsten (demokratischen) politischen Entscheidung in diesem Land evozierten Erwartungen in schnöder Regelmäßigkeit enttäuscht werden. Zurück zum Titel: Erinnert sich eigentlich noch jemand daran, wie krass 2005 in den Medien Schwarz-Gelb herbeigeschrieben wurde? Mit der Wahl Köhlers (wer?), als Signal? Mit den feuchten, neoliberalen Träumen der Elite ausgebreitet in jeder Zeitung, jedem Blatt? Mit Chefpropagandist Marc Beise? Nein? Gut, ich auch nicht. Wobei…sueddeutsche.de ist wohl schon in Wahlkampflaune. Allein im August sind auf sueddeutsche.de 15 Artikel über die Sache mit Ulla Schmidt (wahllos ausgewählter Satz von Susanne Höll:“Aber die Gesundheitsministerin hat alles falsch gemacht.”) erschienen, und bei soviel Content hat man gleich mal ein Dossier angelegt, welches man praktischerweise auch als Feed abonnieren kann (da ist wohl noch was geplant). So etwas gibt es für die Causae Linklater/Ackermann selbstverständlich nicht, wobei gerade letztere ja alleine durch die Gästeliste erst richtig interessant wird: Springer, Diekmann, Hambrecht (BASF), Schaeffler, Döpfner, Metzler (Bankier), kurz gesagt: normale Leute aus dem einfachen Volk. Die Sueddeutsche hat also den Hosenstall schonmal offen, natürlich nur für den Fall, dass die Sozen aus ihrem medialen Loch doch noch einmal heraus kriechen können, natürlich, ist doch Ehrensache Pressecodex Verlagslinie Kapitalinteresse.
Bei Frau v.d. Leyen will sich die rechte Begeisterung nicht einstellen, wenn man an runtergelassene Hosen, Hosenanzüge oder Röcke denkt. Antje Schmelcher hat es in der FAZ dennoch versucht, und einen sehr lesenswerten Artikel geschrieben.
Seit 1990 wurde der Wahlkreis vom Landtagsabgeordneten Lutz von der Heide (CDU) gehalten. Am 7. Dezember 2001 kam es zu einer Kampfabstimmung um die Kandidatur. Ursula von der Leyen siegte mit einer Stimme Vorsprung. Doch zeigte sich, dass ein zweideutiger Stimmzettel ihr zugerechnet worden war, statt, wie vorgeschrieben, als Enthaltung gewertet zu werden.
Von der Heide wehrte sich gegen die Zuordnung der zweifelhaften Stimme. Der Fall gelangte in einem zeitraubenden Verfahren vom Kreisparteigericht bis vor das Landesparteigericht der CDU, das den Stimmzettel schließlich für ungültig erklärte. Aus dem vermeintlichen Sieg von der Leyens war also ein Patt geworden. Die Wiederholung der Wahl war für den 24. Mai 2002 angesetzt. Die Zeit bis dahin hat von der Leyen für sich zu nutzen gewusst.
In diesen Monaten führten sie und Ernst Albrecht sowie der mittlerweile verstorbene Ehrenvorsitzende der CDU in Hannover, Wilfried Hasselmann, persönliche Gespräche mit den Delegierten des Wahlkreises 39, flankiert von einer Kampagne der „Bild“ Hannover, geschrieben vom damaligen „Bild“-Redakteur Andreas Beuge. In sieben Artikeln, die meist das strahlende Foto von „Röschen“, der „Frauenärztin, Wissenschaftlerin und siebenfachen Mutter“ zeigten, war von „Polit-Intrige“ die Rede, der umstrittende Stimmzettel wurde zum „gefälschten Wahlschein“.
Am Pranger: Lutz von der Heide. „Wer wollte ‚Röschen’ stürzen? Tochter von Ex-MP Albrecht Opfer einer schmutzigen Polit-Intrige“, hieß es in der „Bild“-Zeitung. Und weiter: „Gleich beim Start kämpft sie gegen ein Geflecht aus Intrigen, Machenschaften, Kungeleien.“
Nettes Detail am Rande:
„Bild“-Redakteur Beuge wurde nach der Landtagswahl Pressesprecher im niedersächsischen Wirtschaftsministerium von Walter Hirche (FDP), der schon unter Albrecht Minister war.
Ja wer kann denn da auch Nein sagen. Das schaffen ganz viele nicht. Und die stehen dann wirklich nackt da, Lord Mandelson beispielsweise:
Pikant ist an dem Sinneswandel laut Times, dass sich Mandelson zuvor bei einer Dinnerparty der Bankiersfamilie Rothschild auf der griechischen Urlaubsinsel Korfu mit David Geffen, Mitgründer des Hollywood-Studios DreamWorks und des Plattenlabels Asylum Records, getroffen haben soll. Eine Regierungsquelle sagte der Zeitung, dass der britische Minister bislang wenig Interesse an der “Digital Britain”-Agenda und daraus folgenden Gesetzesinitiativen gezeigt habe. Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub zurückgekommen habe er angeordnet, dass die Regierung bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen härter durchgreifen müsse.
Wahlkampf, anyone?