Kinokunst
Festivalrauschen
Weshalb ich eben aus dem Kino raus bin (und einer der Gründe warum man das Festival do Rio nicht ernst nehmen kann):
Weshalb ich eben aus dem Kino raus bin (und einer der Gründe warum man das Festival do Rio nicht ernst nehmen kann):
Ich gestehe faul gewesen zu sein. Besonders aus dem Wettbewerbsprogramm habe ich deutlich weniger Filme gesehen als in den letzten Jahren (neben Schlafkrankheit lediglich Werner Herzogs schöne und witzige Höhlen-3D-Doku Cave of Forgotten Dreams, die leider außer Konkurrenz lief, und den etwas lahmen, sehr durchschaubaren, aber auch nicht wirklich schlechten koreanischen Beitrag Come Rain, Come Shine von Lee Yoon-ki). Ob die Entscheidungen der Jury gerechtfertigt sind oder nicht, vermag ich also nicht zu sagen, ganz daneben scheinen sie jedenfalls nicht gelegen zu haben. Der iranische Siegerfilm ist sehr schnell klarer Favorit gewesen und alles, was ich über ihn gelesen und gehört habe, deutet tatsächlich auf einen sehr guten Film hin, der aus dem Bewerberfeld allerdings nur deshalb so klar herausstach, weil es mal wieder sehr schwach besetzt war. Über Bela Tarrs ebenfalls ausgezeichneten Turin Horse gehen die Meinungen ebenso stark auseinander wie über Köhlers Schlafkrankheit, der immerhin (und für mich überraschend, trotz meiner Wertschätzung für Regisseur und Werk) den Preis für die beste Regie erhalten hat. Und mit dem Alfred-Bauer-Preis für Veiels Wer, wenn nicht wir “für einen Film, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet“ hat sich die Jury dann auch noch einen richtig guten Scherz erlaubt. Weiterlesen
Was ist eigentlich das Gegenteil einer Empfehlung? Eine De- oder Entpfehlung? Wie auch immer, dringend abraten würde ich von dem Besuch folgender Filme:
Sala samobójców (Suicide Room), einem polnischen Film, dessen Regisseur ich den Gefallen tun möchte, ihn ungenannt zu lassen. Eine fürchterlich Coming-of-Age-Geschichte mit einer stupiden Internetfeindlichkeit und einem suizidalen Second-Life als furchtbarstem Gimmick. Go away, stop filmmaking! (Läuft übrigens im Panorama, wo sonst…)
E‑Love (Anne Villacèque, F 2011), eine stellenweise immerhin ganz amüsante, aber insgesamt wirklich sehr verzichtbare Bobo-Komödie über eine fast 50jährige Universitätslehrerin, die, nachdem sie von ihrem Mann verlassen wurde, mit Internet-Dating beginnt. Ganz brav ist das letztlich, nur stellenweise schimmern matt rassistische Stereotype durch die Oberfläche der bürgerlichen Filmfassade. (Forum) Weiterlesen
Sicher einer der schönsten und klügsten Filme des Wettbewerbs ist Ulrich Köhlers Schlafkrankheit. Auch wenn die Mehrheit der KritikerInnen den Film gehasst zu haben scheint (es soll nach der Vorstellung gebuht worden sein und auch in den Kritikerspiegeln schneidet der Film eher schlecht ab). Ich habe den Film in einer öffentlichen Vorführung gesehen und da gab es freundlichen Applaus, keinen einzigen Buhruf und die Frau neben mir (durchaus keine cinephile und erst recht keine Berliner-Schule-Connaisseurin) war sehr angetan. Bei einigen KritikerInnen scheinen bei dem Stichwort «Berliner Schule» sofort alle Alarmglocken anzugehen und sie sehen und verstehen dann überhaupt nichts mehr. Jedenfalls sind sie offenbar eher dümmer als das normale Publikum, das sie deshalb auch strukturell immer unterschätzen.
Köhlers Film ist weder minimalistisch noch enigmatisch noch pompös kunstbeflissen. Weiterlesen
Zugegeben: fühlt sich schon ein wenig blöd an, wenn in Ägypten gerade Großes passiert («friedliche Revolution»!), und man selbst von nichts anderem zu berichten hat als von dritt- oder viertklassigen Filmchen, aus denen man nach 20 Minuten frustriert fluchtartig rausläuft. Meine Berlinale begann ein bisschen verspätet heute um 12.30 mit der Abholung meiner (dritt- oder viertklassigen, weil nicht zu allen Vorführungen Zutritt verschaffenden) Akkreditierung. Auf das Programm hatte ich zu dem Zeitpunkt noch keinen Blick geworfen, ein Fehler, der sich rächen sollte: sonst hätte ich gleich bemerkt, dass der richtige Zug D2 gewesen wäre: im Delphi lief um 14.00 Honjitsu Kyushin (Doctor’s Day Off, Shibuya Minoru, J 1952) ein japanischer Film aus den 50ern, vom renommierten Shochiku-Studio (für das auch Ozu, Naruse und Gosho arbeiteten), da konnte eigentlich nichts schief gehen. Aber wie gesagt, dass ist mir erst Stunden später aufgefallen, als schon C6 gezogen war: The Devil’s Double, vermutlich eine direct-to-video-Produktion, die in Kinosälen wirklich nichts zu suchen hat. Story: Saddam Husseins Sohn zwingt einen alten Schulkameraden, der ihm erstaunlich ähnlich sieht, in der Öffentlichkeit sein Double zu spielen; er selbst raucht bei jeder Gelegenheit riesige kubanische Zigarren (damit er von dem anderen unterscheidbar ist) und umgibt sich und vögelt mit halbnackten Frauen. Dazwischen gibt es sinnfrei Vergewaltigungs- und Folterszenen und dann… bin ich rausgegangen. Weiterlesen