im fallenwald
wir fliegen in die netze ja wie vögel von den wänden
wie die fliegen fallen wir ja wie die füchse gehen wir
ja in die fallen wie die bären wie frau reh herr hirsch
(ungeziefer unterirdisch untertage übernimmt uns)
wir flattern ja noch zappeln ja noch bellen hier & da
brummen blöken da & dort wald & wiesen feldreport
es nützt ja nichts es hilft ja nichts es kommt ja nichts
mehr dabei raus; der jäger kommt zu angesicht
vielleicht ja noch vielleicht auch nicht zu fliege fuchs
zu vogel bär zu frau & herr im netz im wachs im fallenwald
die schnappen ja solang es geht nach guter guter luft.
(Carl-Christian Elze, 2006; via)
fabrik gelände
der weg verliert seine spuren unter den sträuchern.
vielleicht bin ich der einzige, der ihn noch geht.
das lockere holz der bäume klopft gegen den wind,
der es verstreut. die nahe fabrik ist geräumt. und
die mauern beginnen, sich ein geheimnis zu suchen.
es wird erzählt, sie haben maschinen im see versenkt.
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Lichteinfall (I)
Wie die Nägel in den Gliedern Gottes, Streben
in einem Dach, das westwärts kriecht, wie Bohlen
sind Nebel aufgeschichtet. Hier erheben
sich Flammen, wehen über die Molen,
die aufgewühlte See? … Ein lecker Tanker?
Die Explosion von Gras aus vagen Tiefen?
Die sich im Auge festhakt wie ein Anker
und Kreise zieht, die blendend weiterliefen,
bist du die Lohe schautest, Leere, nichts?
Du sagtest: “Festland…”, sahst, wie es im Drehen
in Brand geriet, aus Brechungen des Lichts:
ein Kern, von dem du abgeschmolzen bist?
Als ein Teilchen oder Innenraum, zu sehen
in einer Höhlung, die verschlossen ist?
(Christian Lehnert, 2000, Der Augen Aufgang, Suhrkamp)
Cetacea
das zärtliche
Mißtraun
der Riesen,
Verschüchterter in ihren Pockenhäuten,
rührt uns, die Götter des Krills,
wenn in den Metallbäuchen von Schiffen,
hinter den Schildern
wir unsere Körper bewahren.
und in den Tagen,
wenn wir Mäuler
nur streicheln,
— die metrischen Bögen,
an denen die Hände zerbrechen
mit der schäumenden Ohnmacht der See,
schnaufen die Tiere
ein weiteres winziges Mal -:
Gesänge in Trauer.
(André Schinkel, 1998, Die Spur der Vogelmenschen, Mitteldeutscher Verlag)
limbus
er trat hinaus in die schäumende kühle des morgens
hinter ihm sein haus verharrte noch in den tiefen
atemzügen, das gras was knusprig vom frost
sein haus stand funkelnd und erstarrt am rand
des tages, geläutert wie eine weintraube, die sorge
der freitag, das echo — waren verhallt. er sah sie
am fenster bei einer ihrer betäubenden bewegungen
niemand, nicht einmal der april, macht zartere schritte
doch er drehte sich weg, das haus sank in den schnee.
er hörte sie tanzen
(Gerhard Falkner, 1989, wemut, Luchterhand)