gesicht im pflaumenschein
der stahlummantelung ent-täuscht
verbarrikadiert sich die sonne
hinterm asbestplatten barakkendach
hetzt sie zum “Volkssturm” auf
verendet in letzten aufgeboten
; johlende heerscharen der LUne
die sich zZ als pflaume gebärdet
überantworten’s marine sich selbst
mir grünt saulieb ein todestrieb
woher die erde such denn dreht
(bleibt mein ARKANUM)
isz mir ohnehin inzwsichensicht
indessen mithinnahme zu sauer
ist bewußtseub bzr angesichts
des todes & davon druchdrungen
leben uns sterben & sterben
geburtssprung durch den todt
wenn’s drauf ankommt — “’s kommt!”
(Bert Papenfuß-Gorek, 1984)
Über meinen Schlaf
Früher, wenn ich einschlief, kam der Schlaf. Heute,
wenn der Schlaf kommt, schlaf ich schon tief. Der
Schlaf kam damals später, jetzt schlafe ich früher
ein. Wenn ich tief schlafe, kommt es vor, daß der
Schlaf, wenn er dann kommt, mich noch einmal weckt,
bevor ich weiter tief schlafe. Früher war das so:
ich schlief, und der Schlaf kam. Bloß wenn ich auf-
wachte, war er wieder fort – ein unruhiger Gast.
Jetzt kommt und geht er etwas ruhiger, während ich
schlafe, und manchmal ist er plötzlich da, wenn ich
wach bin. Dann wache ich auf und sehe, daß er da
ist. Es geht mir der Schlaf durch den Kopf, auch Weiterlesen
Gedicht
Zerstörte Landschaft mit
Konservendosen, die Hauseingänge
leer, was ist darin? Hier kam ich
mit dem Zug nachmittags an,
zwei Töpfe an der Reisetasche
festgebunden, Jetzt bin ich aus
den Träumen raus, die über eine
Kreuzung wehn. Und Staub,
zerstückelte Pavane, aus totem
Neon, Zeitungen und Schienen
dieser Tag, was krieg ich jetzt,
einen Tag älter, tiefer und tot?
Wer hat gesagt, daß sowas Leben
ist? Ich gehe in ein
anderes Blau.
Rolf Dieter Brinkmann (1975). In: Westwärts 1 & 2 (Rowohlt)
landschaft 1
eine linie nach der lerche der höhe eine linie nach
der lerche des nestes gelärme im silberhaus der luft
die bahn kommt das dampfroß die eiserne sache ah
rechts biegt der rausch ab die sonne grast überm tunnel -
farngrün wirkt fahl geht schatten ufernd bergwärts
nein und ja klingt s aus brunnenröhren rohren bambussen
aus wiesenquadraten großen seen ohn schwäne es folgt
seinen lettern aufrechten hingelegten fallendes laub
wirkt weit weg drum es steigt doch kein drache steigt
sommer steigt wind setiegt regen doch steigt keine rose
wie s auch in tabellen heißt: rechne die null ab aber
wie s weiter heißt: ziehe erträge nach links geregne
an horizonten von nachbarn die sehen den ochsen äsen
alpaccafarben die stoer päonienkühe fernab deren kälber
der mond mag junge tiere in mulden in blätterndem salz
der levkojennäcker drin der chinese die furche erlernt
die wie ein pfiff die schmetterlingsknäuel trifft oder
die luft der forste sibiriens reine unbeackerte erde
(H.C. Artmann, 1969)
Drei Orangen, zwei Zitronen
Drei Orangen, zwei Zitronen: -
Bald nicht mehr verborgne Gleichung,
Formeln, die die Luft bewohnen,
Algebra der reifen Früchte!
Licht umschwirrt im wespengelben
Mittag lautlos alle Wesen.
Trockne Blumen ruhn im selben
Augenblick auf trocknem Wind.
Drei Orangen, zwei Zitronen.
Und die Stille kommt mit Flügeln.
Grün schwebt sie durch Ulmenkronen,
Selges Schiff, matrosenheiter. Weiterlesen