M’illumino d’immenso

Das ist keine Über­schrift, son­dern ein Gedicht. Das wohl kürzeste und berühmteste Gedicht des ital­ienis­chen Poet­en Giuseppe Ungaret­ti erre­icht eine Bedeu­tungs­dichte, die schw­er­lich über­boten wer­den kann. Das ital­ienis­che Orig­i­nal beschränkt sich auf vier aufs Äußer­ste verk­nappte Wörter und sieben Sil­ben. Es enthält fast auss­chließlich Vokale und fließende Laute und jed­er Ver­such ein­er Über­tra­gung ste­ht vor der Schwierigkeit, die min­i­mal­is­tis­che Lakonie des Orig­i­nals zu erre­ichen. Die größte Nähe zum Orig­i­nal erre­ichte die Über­set­zung Inge­borg Bach­manns: Ich erleuchte mich / durch Unermeßliches.

So kann man selb­st als überzeugter Anti-Karneval­ist in der fün­ften Jahreszeit ein wenig Spaß haben, und sei es durch die Flucht in die geisti­gen Genüsse Dig­i­tal­iens. Bei tele­po­lis ist bspw. ein inter­es­san­ter Artikel über Auf­stieg und Fall des rus­sis­chen Anar­chis­ten Nestor Mach­no erschienen; ein kurz­er Ein­blick in eine fast vergessen Episode der rus­sis­chen Revolution.

Es zeigte sich schnell, dass Mach­no ein äußerst tal­en­tiert­er Wider­stand­skämpfer mit einem hohen mil­itärischen Geschick war. Seine Freis­chär­lere­in­heit­en mit ihrer Gueril­la-Tak­tik erziel­ten mehrere entschei­dende mil­itärische Erfolge.

Auf der gle­ichen Seite kann man unter dem Titel “Die Heimat liegt ander­swo” einen schö­nen Beitrag Rüdi­ger Such­s­lands zur Lage des deutschen Kinos lesen.

Doch nicht nur cineast­is­che Betra­ch­tun­gen eignen sich in Zeit­en ziel­los­er Zer­säufnisse als Zer­streu­ung, auch die mod­erne klas­sis­che Musik öffnet im Netz ihre Pforten. Das Avant Garde Project dig­i­tal­isiert und veröf­fentlicht klas­sis­che, exper­i­mentelle und elek­troakustis­che Musik des 20. Jahrhun­derts, und leis­tet damit unschätzbare Arbeit.
Lei­der, lei­der fehlt (noch) eine Auf­nahme eines großen Meis­ters der neuen Musik: Mor­ton Feld­man. Doch auch hier gibt es Alter­na­tiv­en. Unter dem Titel Who is this fat man? And how did he gain Occult Pow­ers? hat dif­fer­ent waters eine äußerst umfan­gre­iche Über­sicht zu Feld­man zusammengestellt.

Auch die noch leben­den Vertreter der klas­sis­chen Musik kön­nen die musikalisch trüben Tage von Köln noch etwas aufheit­ern. So ist das Inter­view der Süd­deutschen mit dem Kom­pon­is­ten Kon­rad Boehmer auf sehr erheit­ernde Art lesenswert.

Ich liebe diesen Quatsch. Reich-Ran­ic­ki ist doch die per­son­ifizierte Implo­sion des ganzen Sys­tems: ein brül­len­der Bie­der­meier in grellem Gelände. Das ver­stein­erte Top-Pro­dukt der deutschen Unter­hal­tungsin­dus­trie. Er hat sich doch von dieser Indus­trie immer verk­lären lassen — bis eben zu dem Moment, wo er sie nicht mehr bedi­enen kon­nte. Deshalb spuckt er nun allen, die sich da erheben und ihn beklatschen wollen, ins Gesicht. Ein lächer­lich­er Clown. Lache, Bajazzo!

Und eben­falls in der Süd­deutschen find­en wir, und früh­stück­en nach Poli­tik und Kun­st noch die Wis­senschaft ab, die Beschrei­bung eines inter­es­san­ten Phänomens: In einem ersten Ver­such tru­gen ihre Ver­suchsper­so­n­en Spezial­brillen mit ein­er Kam­era. Das Auf­nah­megerät selb­st war am Kopf ein­er Schaufen­ster­puppe befes­tigt und zeigte deren nack­ten Kör­p­er so, als würde sie an sich herun­ter­schauen. Richtete nun der Proband die Augen auf seinen eige­nen Bauch, erblick­te er dort, wo er seinen Kör­p­er erwartete, den frem­den, kün­stlichen Leib. Wirk­lich inter­es­sant, wie man mit ein­er sim­plen Anord­nung das Gehirn ver­wirrn kann. Die Orig­i­nalpub­lika­tion ist für jeden hier einsehbar.

Doch auch das Gehirn darf ein­mal Fehler machen. Wie genau das passiert, und warum man sehr schnell weiß, wenn man einen Fehler gemacht hat, zeigt Man­fred Spitzer auf unter­halt­same Weise in der Aula auf SWR2. Inter­es­sant dabei ist, dass unser bewusstes Denken viele Fehler machen kann, unser Gehirn aber macht fast keinen.
Vielle­icht liegt das aber auch darin begrün­det, dass das bewusste Denken sich mit ganz anderen Prob­le­men herum­schla­gen muss. Denn was ist das Bewusst­sein eigentlich? Ist das etwas anderes als das Selb­st, oder das Ich? Mit diesen Fra­gen beschäftigt sich die Sendung “Es denkt, also bin ich”, die 2007 in der Rei­he Wis­senschaft im Bren­npunkt im Deutsch­land­funk zu hören war, jet­zt lei­der nur noch als Manuskript vor­liegt. Bei Bedarf kann die Sendung aber auch als Audio-File bei mir abge­holt werden.

So, jet­zt muss ich aber schle­u­nigst in mein Stauf­fen­berg-Kostüm schlüpfen, und dann ab zur tra­di­tionellen Prunk­sitzung der Ehren­garde in den Sar­to­ry-Sälen. In diesem Sinne: Kölle Alaaf!

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