Die Reise — Teil 1

12.01.2011
Nach der Bus­fahrt zum Pra­ia 15 herumgeir­rt, Umwege gemacht, durch ver­fal­l­ende, klas­sizis­tis­che Kolo­nial­fas­saden den durch­brechen­den Urwald fotografiert. Hil­f­los nach dem Weg gefragt. Schlussendlich alles gefun­den, spot­bil­lige Karten für die Fähre nach Niteroi gekauft, um in Niemey­ers Muse­um für zeit­genös­sis­che Kun­st zu gehen. In der Sonne ca. 38°C. Von gestern kein Kater mehr zu spüren, trotz des späten Ing­w­er-Cacha­cas in Lapa, einem riesi­gen, für europäis­che Ver­hält­nisse abso­lut unvorstell­bar het­ero­gen gefüll­ten Par­tyvier­tel. Erhe­blich­es Gen­tri­fizierungspo­ten­tial gese­hen, das bei der WM 2014 wohl oder übel geweckt wer­den wird. Als wir nach einigem sinnlosen Rumge­laufe und Ein­druck­ge­sam­mele noch ein let­ztes Bier tranken, ist mir erst der Straßen­festcharak­ter des Stadt­teils bewusst gewor­den. Auf dem Rück­weg zum Taxi, halb durch Cacha­ca, halb durch die ent­ge­gen wogen­den, knapp bek­lei­de­ten Leiber den tro­pis­chen Lebenssinn vielle­icht zum ersten Mal erahnt.

Notizen zur Berlinale 2012 ALLES

KANN

Kino to ashita no aida (Between Yes­ter­day and Tomor­row, Kawashima Yuzo, J 1954)
solides klas­sis­ches japanis­ches Stu­dioki­no zu Fra­gen von Tra­di­tion & Neuerung, Loy­al­ität & Inno­va­tion, Geld & Liebe

Okraina (Out­skirts, Boris Bar­net, SU 1933)
spielt zu Beginn und am Ende des 1. WKs in einem kleinen Prov­in­zort, vor allem rund um eine große Schus­terei und an der Front im Krieg mit den Deutschen; kreativ­er Ein­satz des tech­nisch noch sehr prim­i­tiv­en Sounddesigns

Zolo­toye oze­ro (Gold­en Lake, Vladimir Shnei­derov, SU 1935)
in jed­er Hin­sicht wilder Aben­teuer- und Expeditionsfilm

Cap­tive (Bril­lante Ma. Men­doza, GB/PHI/D/F 2012)
auf realen Gegeben­heit­en basieren­des Geisel­dra­ma: auf ein­er philip­pinis­chen Insel wird eine Gruppe Touris­ten & Entwick­lung­shelfer von Islamis­ten ent­führt; Men­doza filmt das erratisch, was stel­len­weise zu ein­er selt­samen, eige­nen Bild­schön­heit gerät (Aut­o­fokus, der vorne auf irgendwelche Seile scharf stellt, während hin­ten die Gruppe leicht unscharf bleibt), dann wieder fast unbe­holfen aussieht (als spiele die dig­i­tale Tech­nik den Bildern üble Stre­iche); immer wieder wer­den die Tiere des Dschun­gels gefilmt: Fle­d­er­mäuse, Ameisen, Ech­sen, Schlangen, die einen Vogel fan­gen — was das soll, bleibt fraglich; über­haupt wun­dert man sich, was der Film resp. sein Mach­er eigentlich will; let­ztlich ist das ein Real­is­mus der schlechteren Sorte: der nichts durch­dringt und nichts eröffnet Weit­er­lesen

Meine 30 besten 2011 im Kinosaal gesehenen Filme

Ältere

Ni luo he nu er (The Daugh­ter from Nile, Hou Hsiao-hsien, TW 1987)
Arany­er Din Ratri (Days and Nights in the For­est, Satya­jit Ray, IND 1970)
Mahana­gar (The Big City, Satya­jit Ray, IND 1963)
Le mil­lion (René Clair, F 1931)
Young Mr. Lin­coln (John Ford, USA 1939) Weit­er­lesen

Von Margarita Tsoumo Nach- und Vortrag

Ein Tag danach: kein­er spricht von Niederlage
Zu mein­er Über­raschung hat die Abstim­mung der neuen Hil­f­skred­ite und der damit ein­herge­hende Polizeit­er­ror keinen davon abge­hal­ten schon am näch­sten Tag wieder auf den Syn­tag­ma-Platz zu gehen und der größten Gen­er­alver­samm­lung seit Wochen beizu­wohnen. Die Men­schen auf dem Platz waren nicht demor­al­isiert, son­dern wüten­der und noch entsch­ieden­er. Eine Lehrerin meinte charak­ter­is­tisch: «Gewählt haben sie, aber jemand muss das Gesetz auch umset­zen. Wir erken­nen die Entschei­dung nicht an und wer­den uns weigern sie anzuwen­den» — alle Inter­views auf dem Platz an diesem Tag hat­ten ähn­liche Aus­sagen. Die Wut gegenüber dem Staat, der sie zwei Tage lang mit Trä­nen­gas beschossen hat, war enorm. Es geht also weit­er, die Men­schen stellen sich auf eine Langfristigkeit ein. Das Ende ist unbekan­nt und fern…

Ich lasse die Pressemit­teilung des Platzes sprechen:
http://www.real-democracy.gr/en/teamvotes/2011–07-03-warning-troica-banks-and-investors

Und: Ich berichte heute über die Woche in Athen mit Film und Fotos auf der Ver­anstal­tung der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung im Fest­saal Kreuzberg. Zusam­men mit Stephan Kauf­mann von der Frank­furter Rund­schau. Ich werde viel Mate­r­i­al zeigen. Hier die Ankündigung.