Berlinale 2014 — Forum II Ich will mich nicht künstlich aufregen

Der aufre­gend­ste Film, den ich bish­er in der Forums-Sek­tion gese­hen habe. Es geht um eine junge Kura­torin, der auf­grund kap­i­tal­is­muskri­tis­ch­er Äußerun­gen das Bud­get für ihre Ausstel­lung zusam­mengekürzt wird, in der sie der Frage nachge­hen wollte, warum der kün­st­lerische Film allerorten in das ältere und viel bürg­er­lich­er kon­notierte Präsen­ta­tion­s­medi­um des Muse­ums ver­ban­nt wird; und es geht um Kreuzberg, den Woh­nungskampf und Anti-Mieter­höhungskampf rund um den Kot­tbusser Platz, um junge Migranten und die Bioladen-Gentrifizierung.

Sarah Ralfs in: Ich will mich nicht kün­stlich aufre­gen (Max Linz, D 2014)

For­mal ste­ht der Film ganz in der Tra­di­tion des poli­tis­chen Mod­ernismus von Jean-Luc Godard, Alexan­der Kluge und René Pollesch – oder um weit­er zurück­zu­greifen, von Bertolt Brecht, auf den all das let­ztlich zurück­ge­ht. Weit­er­lesen

Lektüre einer drei Wochen alten Zeitung, Teil 2

Weit­er gehts mit der Lek­türe der SZ vom 29./30. August. Ich über­springe großzügig ein paar Seit­en und finde mich im Woch­enendteil wieder. Auf der ersten Seite ste­ht hier ein wirk­lich­er sehr schön­er Text zum deutschen Ein­marsch in Polen 1939. Oliv­er Storz erin­nert sich an Hitlers Radioansprache an das deutsche Volk — und an die zynis­chen Kom­mentare eines gewis­sen Her­rn Kugler, eines dama­li­gen Nach­barn in Schwäbisch Hall. Kuglers Reak­tion auf Hitlers Kriegsverkün­dung: “Wer so schre­it, der kann net recht han.” Und später, 1941, inmit­ten der größten Kriegseuphorie:

Zulet­zt sah ich ihn, wenn ich mich recht erin­nere, an einem früh dunkel­nden Nach­mit­tag im Herb­st nach dem glo­riosen Ein­marsch der deutschen Wehrma­cht in Rus­s­land. Da war ich immer­hin schon zwölf und durfte dem Vater Dünn­bier holen im “Schwa­nen”. Die Rent­ner saßen am Stammtisch bei Lagege­spräch, und der Dinkel-Schorsch, Fahrzeug­wart der örtlichen NS-Kraft­sport­gruppe, sagte unter Anstren­gung fröh­lich: “Bis Wei­h­nacht­en sim­mer in Moskau!” Und der Herr Kugler, etwas exzen­trisch platziert, schaute den Fliegen zu und sagte: “Wenn aber’s Ben­zin net langt?” Und dies immer wieder, über die ganze halbe Stunde hin, die ich mich in der Wirtschaft rum­drück­te. Sobald ein Satz fiel, der sich nach Vor­marsch anhört: “Wenn aber’s Ben­zin net langt?”

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