In Berlin Neukölln waren gestern Abend, zwischen 18.30 und 21.00 mehr als 5.000 Leute gegen Nationalismus und rechte Hetze auf der Straße. Die Demo war kurzfristig angemeldet gewesen, mobilisiert wurde praktisch nur über soziale Netzwerke, es hat die ganze Zeit leicht geregnet – dafür war die Teilnehmerzahl erstaunlich. Erstaunlich und eigentlich empörend ist aber auch, dass darüber kaum berichtet wurde oder nur in kurzen Notizen in den Berliner Zeitungen: Berliner Zeitung, Tagesspiegel. Ein Video gibt’s beim rbb. Immerhin bei Spiegel Online kann man noch was lesen. Dass aber die größeren Tageszeitungen, dass FAZ, SZ, taz, und dass Nachrichtensendungen wie heute und Tagesschau etc. gar nichts darüber bringen, ist sehr bedenklich. Denn eigentlich hat die gestrige Demo mal wieder deutlich gezeigt: WIR SIND MEHR!

Mehr als 5.000 Demonstrant_innen gegen Rechts am Hermannplatz in Berlin
Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen.
Man kann nicht sagen, dass FAZ, taz, SZ, tagesschau etc. angesichts von Putin-Russland, Erdogan-Türkei, Trump-USA etc. Horkheimers guten Rat nicht beherzigten. Sie schweigen beredt von beidem.
Auch an der Kommunikationsfront tobt ein Propagandakrieg, der den medialen Schlachten des vorigen Jahrhunderts gleicht: Dämonisierung und Diskreditierung des Gegners sowie Desinformation. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die deutschen Massenmedien, darunter auch seriöse wie der «Spiegel» und die «Süddeutsche Zeitung». Wer auch immer – wie etwa Finanzminister Yanis Varoufakis – den Mund aufzumachen wagt, wird als «Chaot» und «schräger Vogel» beschimpft. Jede Massnahme der Athener Regierung – und sei sie wie im Fall der Nothilfemassnahmen für Arme und Obdachlose noch so humanitär – wird gegeisselt, nur weil sie nicht den Auflagen der Kreditgeber entspricht.
Am 7. Mai, als dieser lesenswerte Artikel in der WOZ erschien, konnte man vielleicht noch der Meinung sein, “Propagandakrieg” sei ein bisschen dolle in der Wortwahl, Weiterlesen
Hat einer mal versucht, sich auf ARD/ZDF/Phoenix über die Wahlen in Griechenland und Frankreich zu informieren? Unbefriedigend! Sehr unbefriedigend! Kommentieren
Neulich, in einer Pause zwischen zwei Berlinale-Filmen, habe ich bei Dussmann rumgestöbert und in das Buch Dietmar Dath - Alles fragen nichts fürchten (Interviews von Martin Hatzius mit Dath) reingelesen. Eine Stelle ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Da erzählt Dath ganz begeistert von der tollen Diskussionsatmosphäre in der Feuilleton-Redaktion der FAZ. Auf die Frage, ob es nicht erstaunlich sei, dass er als Sozialist so von einer konservativen Tageszeitung schwärme, antwortet er, im Gegenteil, dies habe ihn in seinen Überzeugungen nur bestärkt. Gegenseitige Kritik sei eben sehr wichtig, um die Argumentation der eigenen Texte zu verbessern. Dies decke sich durchaus mit der marxistischen Praxis der Kritik und Selbstkritik. (Ist wohlgemerkt aus der Erinnerung paraphrasiert; er hat es sicher anders nuanciert.)
Mal abgesehen davon, dass ich Dath aufs Wort glaube, dass die Arbeit im FAZ-Feuilleton angenehm und intellektuell bereichernd ist; Weiterlesen