Fotografischer Adventskalender 16 (Renger-Patzsch, 1936)

Das Geheimnis einer guten Photographie … beruht in ihrem Realismus.”

Neben dem bere­its vorgestern vorgestell­ten August Sander, ist auch Albert Renger-Patzsch ein­er, wenn nicht sog­ar der Haup­tak­teur der “Neuen Sach­lichkeit”, ein­er vor allem in Deutsch­land geprägten doku­men­tarisch-real­is­tis­chen Strö­mung in Fotografie und Film. Renger-Patzsch wen­det sich gegen das Kon­stru­ieren und Mon­tieren, wie es beim Bauhaus geschieht, eben­so wie gegen alle For­men des Pik­toral­is­mus sowie des Sur­re­al­is­mus. Damit ste­ht er kon­trär zu seinen zeit­genös­sis­chen Kol­le­gen Man Ray und Moholy-Nagy, denn ihm geht es ger­ade nicht um fotografis­che Effek­te, son­dern um Effek­tver­mei­dung. Fotografie ist das visuell geleit­ete, epis­temis­che Inter­esse, eine qua­si wis­senschaftliche Fotografie mit dem Anspruch der Doku­men­ta­tion. Weit­er­lesen

Fotografischer Adventskalender 14 (Sander, 1930)


Das Schwarz-Weiß-Foto „Blinde Kinder beim Unter­richt” um 1930 von August Sander (geb. 1876 in Her­dorf an der Heller, gest. 1964 in Köln) stammt aus dem Werk „Men­schen des 20. Jahrhun­derts”, welch­es ein weites Spek­trum von Kün­stler­por­traits und den dama­li­gen Gesellschafts- und Beruf­s­grup­pen mit schar­fer Beobach­tungs­gabe und psy­chol­o­gis­chem Ein­füh­lungsver­mö­gen auf rund 600 Auf­nah­men fes­thält. Als der Fotograf in den 20er Jahren des vorigen Jahrhun­derts begann, an ein­er umfan­gre­ichen Porträt­serie zu arbeit­en, kon­nte er nicht ahnen, daß ihn dieses Pro­jekt sein ganzes Leben lang beschäfti­gen würde. Doch trotz aller Anstren­gun­gen, zum Abschluß kon­nte er es nicht brin­gen: “Men­schen des 20. Jahrhun­derts” blieb ein unvol­len­detes Werk. Das Por­traitwerk, für das Sanders Konzept sieben Grup­pen mit ins­ge­samt über 45 Bildmap­pen vor­sah, die sich inhaltlich an den ver­schiede­nen Gesellschafts- und Beruf­s­grup­pen ori­en­tieren, wird unter den vom Fotografen vergebe­nen Grup­pen­titeln in sein­er ganzen Band­bre­ite gezeigt: Der Bauer, Der Handw­erk­er, Die Frau, Die Stände, Die Kün­stler, Die Großs­tadt und Die let­zten Men­schen – eine Gruppe, die an ander­er Stelle von Sander als Alter, Krankheit und Tod beze­ich­net wurde und damit die Bedeu­tung der Auf­nah­men nochmals klar­er fasst. Weit­er­lesen

Fotografischer Adventskalender 10 (Kühn, 1910)

Obwohl ja schon diverse ältere Fotografien in unserem Adventskalen­der eine starke kün­st­lerische Gestal­tung aufwiesen, hat sich die «Kun­st­fo­tografie» als ste­hen­der Begriff erst im aus­ge­hen­den 19. Jahrhun­dert durchge­set­zt. Es ist kein Zufall, dass sich die damit in Zusam­men­hang ste­hen­den Bilder von Hein­rich Kühn stark an eine Ästhetik der Malerei anlehnen. Ihren Kunst­wert — ihre Legit­i­ma­tion als Kun­st — beziehen sie aus ein­er Anschmiegung an Bildgestal­tungskonzepte, die aus dem Impres­sion­is­mus stam­men. Tat­säch­lich erin­nern manche Fotos von Kühn bis in die Motivik hinein an Gemälde von Mon­et und anderen Impres­sion­is­ten. Selt­sam antizip­iert die Kun­st­fo­tografie Kühns, die ihre stilis­tis­chen Para­me­ter der Malerei entlehnt, den Foto­re­al­is­mus, der jene Geste im späten 20. Jahrhun­dert — und damit unter ein­er kom­plett verän­derten kun­st­diskur­siv­en Kon­fig­u­ra­tion — umdreht und die Fotografie zum Maß des Gemal­ten wer­den lässt.

[Die abge­bildete Fotografie ist nicht datiert; bei der Jahre­sangabe han­delt es sich um (m)einen Schätzwert.]