Vous étiez un héros de mes études de cinéma. Vos premiers films sont probablement l'une des raisons pour lesquelles je suis parti en France à l'époque. Je ne l'ai jamais regretté, au contraire : J'en suis reconnaissant. Même si je n'avais plus tout à fait compris vos films des dernières décennies, je les ai tous vus et je me suis senti compris - du moins dans un sentiment que le cinéma peut et doit être politique, toujours. Je chérirai votre œuvre. Merci.
Cinema Ritrovato, Bologna 2022
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Kahdeksan surmanluotia (Eight Deadly Shots, Mikko Niskanen, FI 1972)
Korotkie vstreči (Brief Encounters, Kira Muratova, SU 1967)
Ken (The Sword, Kenji Misumi, JP 1964)
Black Tuesday (Hugo Fregonese, US 1954)
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Noi vivi – addio Kira! (We The Living, Goffredo Alessandrini, IT 1942)
Crime and Punishment (Josef Von Sternberg, US 1935)
The Raid (Hugo Fregonese, US 1954)
Wer nimmt die Liebe ernst…? (Erich Engel, DE 1931)
Deus e o diabo na terra do sol (Black God White Devil, Glauber Rocha, BR 1964)
Le Pupille (The Pupils, Alice Rohrwacher. Italia 2022)
Saddle Tramp (Hugo Fregonese, US 1950)
Kenki (Sword Devil, Kenji Misumi, JP 1965)
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Robin Hood (Allan Dwan, US 1922)
Kabarett-Programm Nr. 1 (Kurt Gerron, DE 1931)
Das Kabinett des Dr. Larifari (Robert Wohlmuth, DE 1930)
Dans la nuit (Charles Vanel, FR 1929)
Algérie en flammes (René Vautier, ALG 1958)
La Maman et la putain (Jean Eustache, FR 1973)
Avskedet (The Farewell, Tuija-Maija Niskanen, SE/FI 1982)
Bilanz Berlinale 2022
Ich gebe es gern zu: Ich bin heuer einfach zu faul, die absolut treffenden, sachlich begründeten und rhetorisch pointierten Kurzkritiken, die ich mir im Kopf zurecht gelegt habe, nun auch noch aufzuschreiben. Alles Weitere also (fern-)mündlich, wen es interessiert. Erste Hinweise geben die Zahl der Sternchen und die Reihenfolge.
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Sonne (Kurdwin Ayub, AT 2022)
Take A Letter, Darling (Mitchell Leisen, US 1942)
Unrueh (Cyril Schäublin, CH 2022)
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Les Passagers de la nuit (Mikhaël Hers, FR 2022)
Four’s a Crowd (Michael Curtiz, US 1938)
Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien (Constantin Wulff, AT 2022)
Komm mit mir ins Cinema – Die Gregors (Alice Agneskirchner, DE 2022)
Jane’s Call (Phyllis Nagy, US 2022)
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Coma (Betrand Bonello, FR 2022)
Europe (Philip Scheffner, DE 2022)
Lady by Choice (David Burton, US 1934)
L’état et moi (Max Linz, DE 2022)
Berlinale 2021, erste Runde
Eine Art Ranking.
Petite Maman (Céline Sciamma, FR 2021) Wettbewerb
Trauer- und Familienarbeit eines jungen Mädchens, deren Großmutter stirbt; verschiedene Motive der Fantastik (Metamorphose, Doppelgängerin, Mischung von Zeitebenen) werden hier durch die Imagination des Mädchens motiviert, das der Kindheit der eigenen Mutter auf der Spur ist. Stärker als an ihre letzten Filme Bande de filles und Portrait de la jeune fille en feu erinnert Petite Maman ästhetisch und topisch an Tomboy. Hat mich ziemlich begeistert.
Blutsauger (Bloodsucker, Julian Radlmaier, DE 2021) Encounters
Der Prolog verrät die Prämisse: In einem Kapitallesekreis am Strand macht ein eifriger Leser auf mehrere Stellen im Kapital (Band 1) aufmerksam, an denen Marx die Metapher des den Proletarier aussaugenden Kapitalisten verwendet. Diese Metapher (oder ist es eher eine Allegorie? eine Analogie?, das fragt man sich im Laufe des Films) nimmt Blutsauger wörtlich und macht aus den Reichen (einer Adligen, einem Bürgermeister, einem kapitalistischen Schnösel) Vampire, die sich am sie umgebenden Plebs genüsslich tun. Keine Komödie, kein Klamauk, eine Parabel im komödiantischen Kleid, ein durchaus ernst zu nehmender marxistischer und ideologiekritischer Film. Der Humor lässt einen eher schmunzeln als laut lachen, ist eher amüsant als superlustig (manche Gags verpuffen auch einfach) und gelingt besonders dort, wo sich Bild- und Sprachwitz mischen. Überhaupt haben mir Mise en Scène (Kostüm, Szenerie, Licht, Choreografie) und Découpage (Kadrierung, Rhythmus der Einstellungswechsel) sehr gut gefallen.
Qué será del verano (What Will Summer Bring, Ignacio Ceroi, ARG 2021) Forum
Found-Footage-Dokumentarfilm oder Mockumentary? Ich bin mir nicht sicher. Der argentinische Regisseur erzählt, wie er seine Freundin, die für ein Jahr nach Paris geht, besucht und dort einen gebrauchten Camcorder kauft, auf dessen Speicherkarte sich noch zahlreiche Videos des Vorbesitzers befinden, einem Charles aus Toulouse, der Erstaunliches erlebt zu haben scheint… Mir erscheint die Konstruktion (in den Details) zu unwahrscheinlich, um wahr zu sein, aber wenn es erfunden ist, gefällt es mir ohnehin fast noch besser. Sehr schönes Material, zum einen eines Aufenthalts von Charles in Afrika, zum anderen von Ignacios Freundin Mariana, die an Sylvester in Lissabon auf der Straße tanzt.
Ras vkhedavt, rodesac cas vukurebt? (What Do We See When We Look at the Sky?, Aleksandre Koberidze, DE/GE 2021) Wettbewerb
Ein modernes Märchen: Junge Frau und junger Mann verlieben sich, unterliegen aber einem Fluch und erwachen am nächsten Morgen in völlig veränderter Gestalt, so dass sie einander beim ersten Date nicht wiedererkennen. Ein Sujet von dem auf den ersten Blick fraglich ist, ob es für einen 10-minütigen Kurzfilm ausreichen würde, findet sich hier (natürlich um allerhand anderes Material angereichert) auf 2,5 Stunden gedehnt. Erstaunlich ist, wie gut das gelingt, wie gern man das schaut. Das liegt vor allem an der Kameraarbeit und an vielen kleinen Alltags- und anderen Momenten, die der Film einfängt. Gefundenes und Erfundenes mischen sich, gehen ineinander über, werden ineinander montiert (wobei mir allerdings gerade die Montage in manchen Momenten ein bisschen schlampig erschien, was aber dem Film eher zusätzlichen Charme verleiht, mit Perfektionsbestrebungen hat er nichts am Hut). Das ist zwar ein Film about nothing (oder almost nothing) und das ist mir eigentlich zu wenig, aber ab und an schaue ich sowas gerne. Von Ferne erinnert mich der Film an Aquele Querido Mês de Agosto.
Babardeala cu bucluc sau porno balamuc (Bad Luck Banging or Loony Porn, Radu Jude, ROM/CRO/CZE/LUX 2021) Wettbewerb
Beginnt mit Amateurporn und endet in einer Courtroomdrama-Farce, dazwischen läuft die Protagonistin (eine Lehrerin, deren Video auf einer Pornseite aufgetaucht ist, weshalb Eltern ihre Entlassung fordern) mit Corona-Maske durch Bukarest und ist mit Aggressionen aller Art konfrontiert. An einer Stelle nimmt sich die Filmhandlung eine Auszeit und macht Platz für godardeske Metareflexionen (inkl. Gedanken zum Kino, die von Siegfried Kracauer stammen). Mir haben andere Filme des Regisseurs besser gefallen, aber schlecht ist auch dieser nicht. Dass er am Ende den Goldenen Bären gewonnen hat, hat mich allerdings überrascht.
Censor (Prano Bailey-Bond, UK 2021) Forum
Horrorfilm über eine Filmzensorin, die sich durch einen Film, den sie begutachten soll, an die eigene Kindheit – das Verschwinden ihrer Schwester – erinnert fühlt… Der Film spielt im Großbritannien der 1980er-Jahre und mischt Meta-Horror mit klassischen Genre-Elementen.
No táxi do Jack (Jack’s Ride, Susana Nobre, PT 2021) Forum
Ein Mann kurz vor der Rente fährt durch die Gegend, um sich eine Arbeitsuche für das Amt bestätigen zu lassen, und erzählt von seiner Zeit als Taxifahrer in den USA. Der Protagonist hat eine Später-Elvis-Frisur, ist etwas untersetzt und auch sonst sympathisch; formal dekliniert der Film verschiedene Stärkegrade der Selbstreflexivität durch.
Touge Saigo no Samurai (The Pass: Last Days of the Samurai, Takashi Koizumi, JP 2020)
Recht klassischer Historienfilm über einen Samurai, der Mitte des 19. Jahrhunderts einen Krieg zwischen Kaiser und Shogunat verhindern will, dabei aber scheitert und dann in Ehre untergehen will; mal wieder eine Stück Historie aus (sympathisierender) Herrschendenperspektive erzählt; Regiehandwerk der großen japanischen Tradition; alles in allem etwas zu klassisch das.
Moon, 66 Questions (Jacqueline Lentzou, GR/FR 2021) Forum
Über eine junge Frau, die ihren schwerkranken Vater pflegt, mit dem sie nicht viel verbindet.
Yuko No Tenbin (A Balance, Yujiro Harumoto, JP 2020) Panorama
Eine Dokumentarfilmemacherin arbeitet einen Skandal auf, in dessen Folge sich zwei Menschen das Leben nehmen und wird durch ihren Vater selbst in einen ähnlich gearteten Fall verstrickt. Hat mich nicht überzeugt.
Albatros (Drift Away, Xavier Beauvois, FR/BE 2021) Wettbewerb
Etwas schwerfälliger Film über einen Polizisten, in dessen Leben eigentlich alles gut zu sein scheint, bis er im Affekt einen Fehler macht. Ein eigentlich in fast jeder Hinsicht (filmisch, narrativ, diskursiv) verzichtbarer Film.
Ghasideyeh gave sefid (Ballad of a White Cow, Maryam Moghadam, Behtash Sanaeeha, IRN 2020).
Wettbewerbsfilm über irrtümlicherweise verhängte Todesstrafe; sehr konstruiert und in seinem Moralismus (und auch filmisch und narrativ) letztlich so konservativ wie das hier angeklagte System.
Természetes fény (Natural Light, Dénes Nagy, HUN/LAT/FR/DE 2021) Wettbewerb
Außerhalb der Wertung. Den Film habe ich unter so schlechten Lichtverhältnissen gesehen, dass ich gerade die Meriten (etwa die sehr dunkle Mise en Scène – immerhin hat der Film den Preis für die beste Regie erhalten) nicht würdigen konnte und nun das Gefühl habe, den Film (im wörtlichen Sinn) nur zur Hälfte gesehen (und verstanden) zu haben.
Bilanz 2020
Ein missliches Jahr war das, in vielerlei Hinsicht, geprägt natürlich in erster Linie von Pandemie, Panik & Kontaktbeschränkungen. So reichen die positiven Erinnerungen vor allem zurück zum Anfang des Jahres, als ich zunächst mit großem Eifer und bis zur Erschöpfung am Manuskript eines kleinen Büchleins zur filmischen Découpage geschrieben habe. (Es lag dann lange in halbfertiger Form herum, aber in den letzten Tagen habe ich mich ihm noch einmal gewidmet und nun zumindest eine vorerst finale Fassung erstellt.) Es folgte eine schöne Tagung mit vielen internationalen Gästen zu filmischen Darstellungen und Diskursen der Prekarität im europäischen Kino in Babelsberg – auch dazu folgt im kommenden Jahr eine Fortsetzung in Form der Arbeit an einem Sammelband. Auf der Berlinale, die Ende Februar fast wie durch ein Wunder von Corona noch verschont blieb, haben es mir besonders die Stummfilme von King Vidor angetan (siehe Liste unten). Der Frühsommer begann mit einer ersten (und eigentlich auch letzten) kleinen Feier im kleineren Kreis auf offenem Feld Ende Mai – auch das eine der schönen Erinnerungen. Im Juni eine kleine Reise durch die Schweiz, später zum Lieblingsonkel in Südbayern, und schließlich, im August, nach Bologna zur abgespeckten Fassung des Cinema Ritrovato.
Politisch dürfen wir vor allem die Abwahl Donald Trumps (allerdings bei einigermaßen schockierend zunächst knapp wirkendem Ausgang) auf der Positivliste verbuchen.
Gelesen habe ich viel, auch dicke Wälzer (wie Stedman-Jones’ Marx-Biografie und – in Teilen – Habermas’ letztes Mammuntwerk) und die diversen autofiktionalen Werke und autobiografischen Reflexionen über von Armut und Diskriminierung geprägte Kindheiten (von Christian Baron über Anna Mayr bis zu Deniz Ohde), allerdings ohne große Begeisterung. Am besten gefallen haben mir in diesem Jahr (Reihenfolge der Lektüre):
Ursula K. Le Guin – The Carrier Bag Theory of Fiction
Günther Anders – Bert Brecht. Gespräche und Erinnerungen
James Suzman – Affluence without Abundance: The Disappearing World of the Bushmen
Ulrich Alexander Boschwitz – Menschen neben dem Leben
César Aira – Die Wunderheilungen des Doktor Aira
César Aira – Birthday
E. E. Cummings – The Enormous Room
Christina von Hodenberg – Aufstand der Weber. Die Revolte von 1844 und ihr Aufstieg zum Mythos
Ursula K. Le Guin – The Dispossessed
Ursula K. Le Guin – The Left Hand of Darkness
Dorothee Elminger – Aus der Zuckerfabrik
Solange es ging, bin ich ins Kino gegangen; Berlinale und Bologna habe ich schon erwähnt; ansonsten habe ich natürlich, wie alle, viele audiovisuelle Bewegtbilder zuhause konsumiert. Hier die Lieblinge:
El Prófugo (The Intruder, Natalia Meta, ARG 2020)
Never Rarely Sometimes Always (Eliza Hittman, US/UK 2020)
Wine of Youth (King Vidor, US 1924)
The Big Parade (King Vidor, US 1925)
The Patsy (King Vidor, US 1928)
Show People (King Vidor, US 1928)
Gomera (Corneliu Porumboiu, ROM/FR/DE 2019)
Bacurau (Juliano Dornelles, Kleber Mendonça Filho, BRA/FR 2019)
Aquarius (Kleber Mendonça Filho, BRA/FR 2016)
Claudine (John Berry, US 1974)
Ginza nijuyoncho (Tales of Ginza, Kawashima Yuzo, J 1955)
Ai no onimotsu (Burden of Love, Kawashima Yuzo, J 1955)
Nightcleaners (Berwick Street Film Collective, UK 1975)
Io ho paura (Damiano Damiani, IT 1977) – und viele andere tolle Filme von diesem großartigen Regisseur…
Musik habe ich wieder zuwenig gehört, aber ein paar Stücke sind hängengeblieben:
Oehl – Wolken
Khruangbin & Leon Bridges – Texas Sun
Caribou – You and Me
Aldous Harding – The Barrel
Jeff Parker – Suite For Max Brown
Und, als Bonustrack, endlich als 7″:
Die Menschen – 20. Jahrhundert
Viel Spaß damit – und auf ein besseres Leben im neuen Jahr!