Berlinale: Rumänischer Wettbewerbsbeitrag

Eigentlich ist es in jedem Jahr das gle­iche. Erst stürze ich mich wie ein Doofer in jede ange­botene Pres­sevor­führung, stelle dann fest, dass da viel Mist läuft, bekomme schlechte Laune und einen gehöri­gen Hass auf die Ver­anstal­ter der Berli­nale: Wie kann man dem Pub­likum so einen Schrott vorset­zen? Nach einem Tag Ret­ro­spek­tiv­en-Kathar­sis wird meine Wahl dann selek­tiv­er, und siehe da: Auch unter den neuen Fil­men, selb­st jenen, die im Wet­tbe­werb laufen, find­en sich ein paar Perlen.

Die bish­erige Ent­deck­ung ist für mich Eu cand vreau sa fluier, fluier (If I Want to Whis­tle, I Whis­tle, ROM 2010) von Florin Ser­ban. An ander­er Stelle hat Lukas Förster auf die ästhetis­che Ver­ankerung in der neuen rumänis­chen Film­be­we­gung hingewiesen (alles deutet darauf hin, dass das rumänis­che zur Zeit das inter­es­san­teste europäis­che Kino ist), und auf die Finesse und den Real­is­mus, mit der die räum­lichen wie sozialen Ver­hält­nisse im Jugend­knast dargestellt wer­den. Er moniert jedoch Schwächen im Drehbuch. Und da bin ich aus­nahm­sweise nicht sein­er Mei­n­ung (son­dern eher der des Kom­men­tars von Ekke­hard Knörer).

Ich kann zwar den Wun­sch ver­ste­hen, lieber noch mehr über die Knastver­hält­nisse erfahren zu wollen. Aber die Wen­dung, die der Plot nimmt, scheint mir kon­se­quent — durch die vorheri­gen Ereignisse sog­ar sehr gut motiviert — und darüber hin­aus poli­tisch klug. Weit­er­lesen

Auswärtsspiel

Hier der Hin­weis auf eine Rezen­sion zu dem Buch Alter­na­tiv­en aus dem Rech­n­er von Paul Cock­shott und Allin Cot­trell, die ich gemein­sam mit Michel geschrieben habe und die heute bei Keim­form, dem Blog zur “Suche nach dem Neuen im Alten”, veröf­fentlicht wurde.

Die Supersalbe Regividerm

Am Mon­tag lief in der ARD die Doku­men­ta­tion “Heilung uner­wün­scht”, in der es um die Haut­creme Regivi­derm (Inhalt: Vit­a­min B12 und Avo­cadoöl) ging, die ange­blich Mil­lio­nen Men­schen mit schw­eren Hauterkrankun­gen helfen kann. Die Salbe wird aber nicht pro­duziert, weil die großen Phar­makonz­erne sich weigern, die Erfind­ung auf den Markt zu brin­gen. Ich habe den Beitrag nicht gese­hen (bei Inter­esse kann er hier angeschaut wer­den, und er dürfte die Ver­w­er­tungss­chleifen der ÖR wohl noch ein paar Mal durch­laufen), würde dazu aber doch ganz gerne mal etwas schreiben. Ich will hier keine Lanze für die Phar­main­dus­trie brechen, aber ich glaube, dass diejeni­gen, die (ran­dom­ly select­ed) jet­zt auf die pöh­sen Pharma­purchen schimpfen, etwas vorschnell mit Urteilen bei der Hand sind. Wenn man sich über die Schweinereien der Pharmabranche informieren will, sind Vioxx, Bex­tra, Thalido­mid oder Tam­i­flu die geeigneteren Stich­wörter. Man kann auch ein­fach mal das phar­makol­o­gis­che Insti­tut der lokalen Uni-Klinik auf­suchen, oder das Arznei-Telegramm abon­nieren. Weit­er­lesen

Lektüre einer drei Wochen alten Zeitung, Teil 2

Weit­er gehts mit der Lek­türe der SZ vom 29./30. August. Ich über­springe großzügig ein paar Seit­en und finde mich im Woch­enendteil wieder. Auf der ersten Seite ste­ht hier ein wirk­lich­er sehr schön­er Text zum deutschen Ein­marsch in Polen 1939. Oliv­er Storz erin­nert sich an Hitlers Radioansprache an das deutsche Volk — und an die zynis­chen Kom­mentare eines gewis­sen Her­rn Kugler, eines dama­li­gen Nach­barn in Schwäbisch Hall. Kuglers Reak­tion auf Hitlers Kriegsverkün­dung: “Wer so schre­it, der kann net recht han.” Und später, 1941, inmit­ten der größten Kriegseuphorie:

Zulet­zt sah ich ihn, wenn ich mich recht erin­nere, an einem früh dunkel­nden Nach­mit­tag im Herb­st nach dem glo­riosen Ein­marsch der deutschen Wehrma­cht in Rus­s­land. Da war ich immer­hin schon zwölf und durfte dem Vater Dünn­bier holen im “Schwa­nen”. Die Rent­ner saßen am Stammtisch bei Lagege­spräch, und der Dinkel-Schorsch, Fahrzeug­wart der örtlichen NS-Kraft­sport­gruppe, sagte unter Anstren­gung fröh­lich: “Bis Wei­h­nacht­en sim­mer in Moskau!” Und der Herr Kugler, etwas exzen­trisch platziert, schaute den Fliegen zu und sagte: “Wenn aber’s Ben­zin net langt?” Und dies immer wieder, über die ganze halbe Stunde hin, die ich mich in der Wirtschaft rum­drück­te. Sobald ein Satz fiel, der sich nach Vor­marsch anhört: “Wenn aber’s Ben­zin net langt?”

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