Agitpropwochen

Die medi­ale Früh­jahrsof­fen­sive der bürg­er­lichen Presse rund um den Hei­del­berg­er Appell ist in vollem Gange, selb­st linke lib­erale Zeitun­gen wie der Fre­itag und die taz sind über­ran­nt wor­den. Nun gut, ganz so mar­tialisch muss der Text sich­er nicht weit­erge­hen, aber wenn man sich mal anschaut, was die Jour­naille in den let­zten Wochen für Töne gespuckt hat, fragt man sich schon, ob nicht doch unbe­merkt ein Kul­turkampf aus­ge­brochen ist. Anlass für meinen Text ist die Mel­dung der FAZ, dass in Frankre­ich ein neuer Anlauf für HADOPI ges­tartet wird, dem Gesetz, das es ermöglicht, File­shar­ern den Zugang zum Netz “abzuschnei­den”:

An diesem Mittwoch stand „Hadopi“ aber­mals auf der Trak­tanden­liste des Par­la­ments — in ein­er noch leicht ver­schärften Ver­sion: Den Dieben geisti­gen Eigen­tums wird nicht nur der Zugang zum Netz abgeschnit­ten — sie müssen ihr Abon­nement während dieser Zeit auch weiterbezahlen.

Fast kann man das leicht irre Grin­sen des Autors Jürg Altwegg zwis­chen den Zeilen lesen. Dazu kommt noch befremdlich­es, aber wohl FAZ-spez­i­fis­ches Linken-Bash­ing, geschenkt. Mit kein­er Silbe erwäh­nt Altwegg jedoch, wie das Gesetz im ersten Anlauf über­haupt durch den Sen­at gekom­men ist. Der Sen­at hat­te angekündigt, das Gesetz nach stun­den­lan­gen Diskus­sio­nen in der Woche danach zu ver­ab­schieden, und hat dann doch über­raschend nachts um vier­tel vor elf abstim­men lassen — vor 16 Abge­ord­neten, die dann 12 zu 4 dafür ges­timmt haben. Démoc­ra­tie, mais oui!
Aber Altwegg failt auch noch ein zweites Mal in seinem Artikel. Indem er Urhe­ber­recht und Geistiges Eigen­tum plan­los durcheinan­der schmeißt. Tat­säch­lich ist die Vorstel­lung von “geistigem Eigen­tum” sog­ar ziem­lich schw­er vere­in­bar mit der kon­ti­nen­taleu­ropäis­chen Urhe­ber­recht­stra­di­tion. Die deutsche Rechtswis­senschaft stellte das bere­its fest, bevor dieser Begriff über die Wirtschaft und die Poli­tik aus den USA und Großbri­tan­nien importiert wurde, wo es eben keine Urhe­ber­per­sön­lichkeit­srechte gibt, son­dern ein Copy­right. Dop­pelmi­nus also für Altwegg. Weit­er­lesen

Interludium

Wir polemisieren hier manch­mal gegen die Vertreter des Urhe­ber­rechts in sein­er momen­ta­nen Form, und das ist auch gut so. Wir machen das nicht zum Spaß, oder auf­grund per­sön­lich­er Aver­sio­nen, son­dern weil wir davon überzeugt sind, dass Patente, “Geistiges Eigen­tum” und ander­er Mumpitz die Gesellschaft in ihrer Entwick­lung behin­dern. Nun kom­men einem solche Vorstel­lun­gen nicht von heute auf mor­gen, son­dern tra­gen eine Ideengeschichte in sich, die ich in diesem Beitrag exem­pli­fizieren möchte. Dafür genügt ein Men­sch und eine Idee. Weit­er­lesen

digital ist besser: Marek Lieberberg

Seines Zeichens alter Konz­ertver­anstal­ter, der von den Mil­liönchen, die er als Geschäfts­mann mit der Kreativ­ität ander­er Men­schen ver­di­ent hat, wahrlich gut leben kann. Das hin­dert ihn jedoch nicht, für die SZ einen Gast­beitrag zu ver­fassen, der sich mit dem Urhe­ber­recht im Inter­net befasst. Natür­lich tut er das nicht auf eine sach­liche Art und Weise, son­dern stänkert und pöbelt was das Zeug hält und wirft dabei alles zusam­men und durcheinan­der, was er im VHS-Com­put­er-Kurs für Senioren aufgeschnappt hat. Doch der Rei­he nach.

Nach­dem der selb­st ernan­nte Kün­stler­vater in der ersten bei­den Absätzen lediglich länglich und unin­ter­es­sant von einem Pink-Floyd-Konz­ert aus dem frühen 17. Jahrhun­dert schreibt, geht es dann mit Voll­gas in die Agi­ta­tion. Da ist die Rede von den Heim­suchun­gen durch die “Pest der Raub- und Pri­vatkopi­en”, von “flächen­deck­ender Enteig­nung”. Vol­lkom­men egal, dass die Her­stel­lung ein­er Pri­vatkopie urhe­ber­rechtlich ver­brieftes Recht ist, das es ermöglicht, erwor­bene Musik­stücke für den pri­vat­en Gebrauch zu vervielfälti­gen; vol­lkom­men wurscht, dass dieses Recht durch die mas­sive Lob­b­yarbeit der Musikin­dus­trie (MI) kas­tri­ert wurde, so dass man nicht ein­mal einen Kopier­schutz umge­hen darf, was u.U. dazu führt, dass man die gekaufte CD nicht mal mehr im eige­nen CD-Spiel­er hören kann, da der Kopier­schutz eine Abwe­ichung vom ISO9660-Stan­dard ist; vol­lkom­men unin­ter­es­sant, dass doch diejeni­gen enteignet wer­den, deren zwanzig Jahre alte CDs sich so langsam auflösen, und die für dig­i­tal­en Ersatz latür­nich ordentlich löh­nen sollen. Weit­er­lesen

Cargo, Heftkritik

Ich mag am ersten Car­go-Heft, dass es so offen wider­sprüch­lich ist. Anstatt — wie bei einem solchen Pro­jekt zu befürcht­en gewe­sen wäre — geschmack­spolizeilich sich und die LeserIn­nen auf einen ästhetis­chen Kanon festzule­gen, bleibt hier alles offen und unklar.

Die Wider­sprüche begin­nen mit der Entschei­dung, einen lan­gen Text über Tom Tyk­w­ers aus­ge­sprochen lang­weili­gen “Action-thriller” zu schreiben, der mit Aus­nahme der Guggen­heim-Zer­legungsse­quenz und der Bad-Bank-The­matik ger­adewegs aus den Achtzigern zu stam­men scheint. Als hätte sich in diesem Genre auf ästhetis­ch­er und nar­ra­tiv­er Ebene in den let­zten Jahren nicht auch einiges Inter­es­sante ereignet. Weil also The Inter­na­tion­al im Grunde nicht der Rede wert ist und Bert Reb­han­dl, der Autor des Textes, das natür­lich auch gemerkt hat, hat er sich entsch­ieden, den Film in eine Autoren­per­spek­tive zu rück­en. Das kann immer machen. Man muss dann nur alle Filme (nochmal) guck­en (das ist natür­lich bei Tyk­w­er hart genug, ich erin­nere nur an die Filmde­saster Der Krieger und die Kaiserin oder Heav­en). Und dann darüber spekulieren, worin der gemein­same meta­ph­ysis­che Gehalt dieser Filme des jew­eili­gen Autors beste­ht. Eine sehr prak­tis­che Erfind­ung der Cahiers du Ciné­ma der Fün­fziger Jahre, die dem Abbau von Kom­plex­ität in der Bew­er­tung von Fil­men diente. Weit­er­lesen