Dass es nicht ganz leicht ist, Lyrik zu übersetzen, haben wir hier schon mal erläutert. Im Fall einer Übersetzung aus dem Koreanischen ist es naturgemäß schwierig, ihre Güte zu beurteilen. Was die Übersetzer von Ko Un, Woon-Jung Chei und Siegfried Schaarschmidt, in ihrem Nachwort der deutschen Ausgabe von Die Sterne über dem Land der Väter schreiben, klingt aber sehr vertrauenserweckend, zumindest nach skrupulöser Arbeit am sprachlichen Detail:
Woon-Jung Chei, die den Kontakt zu ihrem Landsmann aufgenommen hatte, sandte mir Stück für Stück ihre wörtliche Übertragung nach dem koreanischen Original; ich, der Japanologe, übersetzte nach einer japanischen Fassung, erstellt von dem an einer Universität nahe Osaka lehrenden Koreaner Kim Hak-Hyon, und dann wurde eine jede Zeile diskutiert, wurde um größte Genauigkeit bei dennoch gewährleisteter Lesbarkeit gerungen.
Interessant ist auch Woon-Jung Cheis kurze biographische Skizze, die auch die oppositionelle Haltung und damit die politische Dimension der Gedichte von Ko Un deutlicher werden lässt. Weiterlesen
Weiter gehts mit der Lektüre der SZ vom 29./30. August. Ich überspringe großzügig ein paar Seiten und finde mich im Wochenendteil wieder. Auf der ersten Seite steht hier ein wirklicher sehr schöner Text zum deutschen Einmarsch in Polen 1939. Oliver Storz erinnert sich an Hitlers Radioansprache an das deutsche Volk — und an die zynischen Kommentare eines gewissen Herrn Kugler, eines damaligen Nachbarn in Schwäbisch Hall. Kuglers Reaktion auf Hitlers Kriegsverkündung: “Wer so schreit, der kann net recht han.” Und später, 1941, inmitten der größten Kriegseuphorie:
Zuletzt sah ich ihn, wenn ich mich recht erinnere, an einem früh dunkelnden Nachmittag im Herbst nach dem gloriosen Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Russland. Da war ich immerhin schon zwölf und durfte dem Vater Dünnbier holen im “Schwanen”. Die Rentner saßen am Stammtisch bei Lagegespräch, und der Dinkel-Schorsch, Fahrzeugwart der örtlichen NS-Kraftsportgruppe, sagte unter Anstrengung fröhlich: “Bis Weihnachten simmer in Moskau!” Und der Herr Kugler, etwas exzentrisch platziert, schaute den Fliegen zu und sagte: “Wenn aber’s Benzin net langt?” Und dies immer wieder, über die ganze halbe Stunde hin, die ich mich in der Wirtschaft rumdrückte. Sobald ein Satz fiel, der sich nach Vormarsch anhört: “Wenn aber’s Benzin net langt?”
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Wenn man nach längerem Unterwegssein nachhause kommt, hat sich dort die abonnierte Zeitung gestapelt, die Süddeutsche in meinem Fall. Man kann also nachvollziehen, was in den vergangenen Wochen passiert ist, oder eher: wie darüber berichtet wurde, was passiert ist. Und was man verpasst hat.
Entschleunigung. Ein Neologismus, der ganz so neo nicht mehr ist, aber erst in den letzten Jahren an Popularität gewonnen zu haben scheint. Ist ja nicht so als müssten wir beweisen, dass wir wissen, wie das funktioniert: die rapide entschleunigte Frequenz des Erscheinens neuer Texte auf unserm Blog spricht ganz für sich. Aber eine andere praktische Übung in Sachen Entschleunigung könnte so aussehen: just in dem Medium, von dem einem immer suggeriert wird, hier sei die News von vor dem Nachmittagsnickerchen beim Aufwachen schon wieder old, die Zeitung von vor drei Wochen kommentieren. Also zur Wochenend-SZ vom 29./30. August! (Ich beschränke mich, damit es nicht völlig bescheuert wird, auf den feuilletonistischen Teil, der ja eh immer eine längere Halbwertszeit hat als Politik und Sport.)
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Nee, was in der Capitale immer alles los is: die linken Buchtage finden ja auch an diesem Wochenende statt (im Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, Kreuzberg). Viele interessante Veranstaltungen stehen auf dem Programm, genaueres findet sich hier.
»Aber ich bitte Sie«, antwortete ich ihm, »es ist ja noch nicht ausgemacht, was garstiger ist: das russische wüste Wesen oder die deutsche Art, durch ehrliche Arbeit Geld zusammenzu- bringen.«
»Was für ein sinnloser Gedanke!« rief der General.
»Ein echt russischer Gedanke!« rief der Franzose.
Ich lachte; ich hatte die größte Lust, sie beide ein bißchen zu reizen.
»Ich meinerseits«, sagte ich, »möchte lieber mein ganzes Leben lang mit den Kirgisen als Nomade umherziehen und mein Zelt mit mir führen, als das deutsche Idol anbeten.«
»Was für ein Idol?« fragte der General, der schon anfing, ernstlich böse zu werden. Weiterlesen