Paul Krugman widerspricht

Schäubles Phantasie

Paul Krug­man berichtet in seinem Blog von einem Kor­re­spon­den­ten, der ihm davon erzählt habe, dass Wolf­gang Schäu­ble eine Rede gehal­ten hätte, in der er behauptete, die exzes­sive öffentliche Ver­schul­dung hätte die Finanzkrise 2008 verursacht.

Es ist aktuell unter Ökon­o­mis­ten weltweit unbe­strit­ten, dass eine der Haup­tur­sachen — wenn nicht sog­ar die Haup­tur­sache — der Krise — nicht nur jet­zt, son­dern schon in 2008 — die ausufer­n­den Schulden der öffentlichen Haushalte auf der ganzen Welt war.

Welche Rede Schäubles dieser Kor­re­spon­dent (und welchen Kor­re­spon­den­ten Krug­man) gemeint haben kön­nte, habe ich lei­der nicht fest­stellen kön­nen. (Daher auch der Kon­junk­tiv.) Update: Es war wohl die “4. Zeit Kon­ferenz Finanz­platz” am 16. August 2011 in Frank­furt (Kon­feren­zpro­gramm, PDF). Lei­der nicht öffentlich.

Schäubles Rede vom 2. Juli 2010 im Bun­destag anlässlich des G20-Gipfels in Toron­to zielt aber tat­säch­lich in dieselbe Rich­tung. Aus dem Plenarprotokoll:

Die Ver­schul­dung, die eine der Haup­tur­sachen der Krise ist — das ist bish­er unbe­strit­ten gewe­sen -, war ein Haupt­the­ma vor Toron­to. In diesem wichti­gen Bere­ich sind die Europäer — das nen­nt man Exit-Strate­gie — mit ein­er sel­ten ein­müti­gen und ein­heitlichen Posi­tion in Toron­to aufge­treten. Die europäis­che Posi­tion hat sich in Toron­to voll­ständig durchgesetzt,
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Gar­relt Duin [SPD]: Das ist falsch!)
näm­lich maßvolle Zurück­führung der zu hohen Defizite, aber zugle­ich in ein­er Weise, die wach­s­tums­fre­undlich ist und das Wach­s­tum nicht beschädigt.

Es ist der­gle­iche Vor­trag, den Schäu­ble seit Jahren — min­i­mal vari­iert — zu jed­wed­er Gele­gen­heit von sich gibt. Wer sich ein­mal die Mühe machen will, die auf sein­er Home­page ver­sam­melten Reden durchzuschauen, wird fest­stellen, dass sie sich bis auf die Adres­sat­en und ein paar Randbe­merkun­gen beina­he auf’s Wort gle­ichen. (Der näch­ste Pla­gia­toren­fall? Vroni­plag, bitteschön!) Weit­er­lesen

Ein Wort zu Apple & Patenten

*räus­per* Tja, dann will ich auch mal wieder was schreiben, nach­dem ich jet­zt schon län­gere Zeit nichts Wesentlich­es zu diesem Blog beige­tra­gen haben. Was darf es sein? Ein eher tech­nis­ches The­ma, das dem verbliebe­nen, treuen Pub­likum eher egal sein dürfte. Oder auch nicht? Egal, ich schreib’s sowieso.
Momen­tan herrscht eine Art Stan­dard-Krieg im Netz. Prin­cip­iell geht es darum, wie man in Zukun­ft Videos im Netz schaut, und welche Tech­nolo­gie dahin­ter im Ein­satz ist. Los­ge­treten hat das Ganze Apple-CEO Steve Jobs, der auf der Apple-Home­page erk­lärt hat, warum Apple auf seinen Mobil­geräten kein Flash unter­stützt (Flash ist das “For­mat” in dem die aller­aller­meis­ten Web­videos ange­boten werden).

Syman­tec recent­ly high­light­ed Flash for hav­ing one of the worst secu­ri­ty records in 2009. We also know first hand that Flash is the num­ber one rea­son Macs crash. We have been work­ing with Adobe to fix these prob­lems, but they have per­sist­ed for sev­er­al years now. We don’t want to reduce the reli­a­bil­i­ty and secu­ri­ty of our iPhones, iPods and iPads by adding Flash.

Ein­er­seits ist es natür­lich ein Armut­szeug­nis, dass Macs wegen eines Brows­er-Plu­g­ins abstürzen, ander­er­seits hat er natür­lich die Sym­pa­thien auf sein­er Seite, denn Flash ist tat­säch­lich eine der weniger schö­nen Seit­en des Net­zes. Nun gibt es hin­ter dem For­mat, in dem die Videos ange­boten wer­den, noch eine weit­ere Ebene, näm­lich die des Codecs, also des Ver­fahrens, mit dem Videos kom­prim­iert wer­den. Flash ist sozusagen nur ein Con­tain­er, in dem ver­schiedene Videocodierun­gen abge­spielt wer­den kön­nen. Steve sagt nun, dass es in HTML eine viel bessere Möglichkeit gebe, Videos abzus­pie­len, und die wür­den den Flash-Con­tain­er nicht benöti­gen, wohl aber einen Codec, denn den benötigt jedes kom­prim­ierte Video. Weit­er­lesen

Die deutsche Art

»Aber ich bitte Sie«, antwortete ich ihm, »es ist ja noch nicht aus­gemacht, was garstiger ist: das rus­sis­che wüste Wesen oder die deutsche Art, durch ehrliche Arbeit Geld zusam­men­zu- bringen.«

»Was für ein sinnlos­er Gedanke!« rief der General.

»Ein echt rus­sis­ch­er Gedanke!« rief der Franzose.

Ich lachte; ich hat­te die größte Lust, sie bei­de ein bißchen zu reizen.

»Ich mein­er­seits«, sagte ich, »möchte lieber mein ganzes Leben lang mit den Kir­gisen als Nomade umherziehen und mein Zelt mit mir führen, als das deutsche Idol anbeten.«

»Was für ein Idol?« fragte der Gen­er­al, der schon anf­ing, ern­stlich böse zu wer­den. Weit­er­lesen

Agitpropwochen

Die medi­ale Früh­jahrsof­fen­sive der bürg­er­lichen Presse rund um den Hei­del­berg­er Appell ist in vollem Gange, selb­st linke lib­erale Zeitun­gen wie der Fre­itag und die taz sind über­ran­nt wor­den. Nun gut, ganz so mar­tialisch muss der Text sich­er nicht weit­erge­hen, aber wenn man sich mal anschaut, was die Jour­naille in den let­zten Wochen für Töne gespuckt hat, fragt man sich schon, ob nicht doch unbe­merkt ein Kul­turkampf aus­ge­brochen ist. Anlass für meinen Text ist die Mel­dung der FAZ, dass in Frankre­ich ein neuer Anlauf für HADOPI ges­tartet wird, dem Gesetz, das es ermöglicht, File­shar­ern den Zugang zum Netz “abzuschnei­den”:

An diesem Mittwoch stand „Hadopi“ aber­mals auf der Trak­tanden­liste des Par­la­ments — in ein­er noch leicht ver­schärften Ver­sion: Den Dieben geisti­gen Eigen­tums wird nicht nur der Zugang zum Netz abgeschnit­ten — sie müssen ihr Abon­nement während dieser Zeit auch weiterbezahlen.

Fast kann man das leicht irre Grin­sen des Autors Jürg Altwegg zwis­chen den Zeilen lesen. Dazu kommt noch befremdlich­es, aber wohl FAZ-spez­i­fis­ches Linken-Bash­ing, geschenkt. Mit kein­er Silbe erwäh­nt Altwegg jedoch, wie das Gesetz im ersten Anlauf über­haupt durch den Sen­at gekom­men ist. Der Sen­at hat­te angekündigt, das Gesetz nach stun­den­lan­gen Diskus­sio­nen in der Woche danach zu ver­ab­schieden, und hat dann doch über­raschend nachts um vier­tel vor elf abstim­men lassen — vor 16 Abge­ord­neten, die dann 12 zu 4 dafür ges­timmt haben. Démoc­ra­tie, mais oui!
Aber Altwegg failt auch noch ein zweites Mal in seinem Artikel. Indem er Urhe­ber­recht und Geistiges Eigen­tum plan­los durcheinan­der schmeißt. Tat­säch­lich ist die Vorstel­lung von “geistigem Eigen­tum” sog­ar ziem­lich schw­er vere­in­bar mit der kon­ti­nen­taleu­ropäis­chen Urhe­ber­recht­stra­di­tion. Die deutsche Rechtswis­senschaft stellte das bere­its fest, bevor dieser Begriff über die Wirtschaft und die Poli­tik aus den USA und Großbri­tan­nien importiert wurde, wo es eben keine Urhe­ber­per­sön­lichkeit­srechte gibt, son­dern ein Copy­right. Dop­pelmi­nus also für Altwegg. Weit­er­lesen

Interludium

Wir polemisieren hier manch­mal gegen die Vertreter des Urhe­ber­rechts in sein­er momen­ta­nen Form, und das ist auch gut so. Wir machen das nicht zum Spaß, oder auf­grund per­sön­lich­er Aver­sio­nen, son­dern weil wir davon überzeugt sind, dass Patente, “Geistiges Eigen­tum” und ander­er Mumpitz die Gesellschaft in ihrer Entwick­lung behin­dern. Nun kom­men einem solche Vorstel­lun­gen nicht von heute auf mor­gen, son­dern tra­gen eine Ideengeschichte in sich, die ich in diesem Beitrag exem­pli­fizieren möchte. Dafür genügt ein Men­sch und eine Idee. Weit­er­lesen