Erinnert sich noch jemand an Napster? Oder an eDonkey? Diese Zeit, als man die freigegebenen Ordner wildfremder Menschen auf der ganzen Welt nach unbekannter Musik durchsuchen konnte? Man könnte fast nostalgisch werden, wenn man an heutige nahezu anonyme Riesentorrents denkt. In den Pirate Bay-Top100 machen aktuelle Alben gerade einmal zehn Prozent aus, und auch global ist der Audiotausch illegaler Natur via P2P-Netzwerke in den letzten Jahren zugunsten der Videonachfrage abgesunken, wenn man der von NBC in Auftrag gegebenen Studie der Firma Envisional glauben darf.
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«Manchmal», so Reto Hilty, Direktor am Münchner Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht, «entsteht Fortschritt durch zivilen Ungehorsam.»
Das Zitat bezieht sich auf das bestehende Copyright und stammt aus einem Text von Christian von Borries, der “als klassischer Musiker zu einem Kämpfer für die komplette Abschaffung des Urheberrechts” geworden ist. Der lesenswerte Artikel findet sich in einer (insgesamt sehr pluralistischen) Broschüre der Heinrich-Böll-Stiftung und bei keimform.
Wir haben ja schon länger nichts mehr zum Thema Urheberrecht geschrieben, und da will ich die Gelegenheiten mal nutzen, wieder einmal Wissenswertes darüber zu berichten. Schauen wir zunächst einmal beim französischen Nachbarn vorbei, der jetzt endlich seine Three-Strikes-Regelung verabschiedet hat. Und im Grunde kennt man das ja: Wer dreimal beim illegalen Download erwischt wird, bekommt das Netz abgedreht. Leider geht bei der Berichterstattung über die 3Strikes häufig unter, dass man beim dritten Mal auch (bis) zu zwei Jahre Haft, oder eine Geldstrafe von maximal € 300.000 aufgedrückt bekommen kann. Das ist nur fair, denn ein Richter schaut ja drauf, bei wem die Datenleitung trocken bleibt. Das Neue an der französischen Regelung ist jedoch die Schaffung einer eigenständigen Behörde (was man eigentlich eher den Deutschen zutraute), die mit der Verfolgung und Bestrafung der liederlichen Rechtsbrecher beauftragt wird und den Namen HADOPI (Haute Autorité pour la Diffusion des Œuvres et la Protection des Droits sur Internet) trägt. Die schickt, üblicherweise aufgrund einer Denunziation, beim ersten Verstoß ein E‑Mail. Darin steht lediglich die IP-Adresse und der Zeitpunkt der fraglichen Urheberrechtsverletzung. Worum es geht, oder wer angeschwärzt hat, wir natürlich nicht verraten, dafür aber anschließend der Internetanschluss des Betroffenen von seinem Provider überwacht. Beim zweiten Mal erfolgt dieselbe Prozedur, bloß per Einschreiben. Beim dritten Mal ist der Provider verpflichtet, die Internet-Verbindung für 2 bis 12 Monate zu sperren. Außerdem kommt der Betroffene auf eine Terrorliste Blacklist (was man eigentlich eher den Amerikanern zutraute), so dass er auch bei keinem anderen Provider einen Anschluss erhält. Bezahlen muss er seinen Anschluss natürlich weiterhin. Er muss auch beweisen, dass er unschuldig ist, und er kann natürlich auch nach wie vor von den Monopolisten des geistigen Eigentums zivilrechtlich abgemolken werden. Eine Einspruchsmöglichkeit ist nicht vorgesehen. Wie gesagt, mindestens fair. Weiterlesen
So kanns gehen. 30 Songs runtergeladen, schon hat man über eine halbe Millionen Dollar Schulden an der Backe.
If that $675,000 stands, I will be filing for bankruptcy.
Was bleibt Joel Tenenbaum auch anderes übrig? Anders als Tim Reynolds, der geistreiche Anwalt der RIAA, wird Joel diese Summe wohl so schnell nicht aufbringen können. Und das Urteil ist noch milde ausgefallen. Im Höchstfall hätte die Jury der Geschworenen eine Strafe von 4,5 Millionen Dollar aussprechen können. Eine Jury übrigens, aus der vorher sämtliche Kandidaten gestrichen wurden, die schon mal Erfahrung mit P2P gemacht hatten. Eine Jury, die, nach Joels Geständnis, nur noch über die Höhe der Strafzahlung entscheiden musste.

Joel Tenenbaum und Charles Nesson
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