PLinks 34/11 Kranbesteiger

Ein Blick in den Blick: News von nebe­nan, kol­portiert durch das Zürcher Boulevardblatt:

«Gegen 18 Uhr gestern Abend ging der Anruf bei der Polizei ein: Auf der Waf­fen­platzs­trasse ste­he ein Mann auf dem Kran, hiess es. Sofort rück­ten die Ein­satzkräfte aus. Die Strasse wurde abges­per­rt. Die ganze Nacht über har­rte der Ungar im Kran aus. Jet­zt sitzt er noch immer da. Stun­den­lang führten Spezialkräfte der Polizei Gespräche mit dem Mann, sagte Polizei-Sprech­er Mar­co Corte­si. Doch was der Mann will, sei noch immer unklar. Er habe wed­er «eine poli­tis­che Botschaft, noch Selb­st­mord­ab­sicht­en». Er wolle nur ein­fach nicht vom Kran hinuntersteigen.»

So neu ist das allerd­ings auch nicht. In Zürich scheint das Besteigen von Krä­nen ein beliebtes Hob­by von eher weniger beliebten (weil «aus­ländis­chen», oder, noch schlim­mer: «Asyl suchen­den») Mit­bürg­ern zu sein: Nach­dem im Mai let­zten Jahres ein mutiger (oder eher lebens­müder) Rumäne den 35-Meter-Kran beim Prime-Tow­er erk­lomm, klet­terte im Sep­tem­ber  «schon wieder ein Kranbe­set­zer» auf einen Kran, rief auf Trans­par­enten zu mehr Respekt gegenüber Asy­lanten auf, und bewarf die Polizei mit Rosen — was für eine nette Geste gegen die man­gel­nde Gastfreundschaft!

Fotografischer Adventskalender 21 (Burri, 1955)

Rene Burri SWITZERLAND. Zurich. 1955. School for deaf-mute children

Der Schweiz­er Fotograf René Bur­ri, Jahrgang 1933, ist vor allem durch sein Che Gue­vara Por­trait von 1963 bekan­nt gewor­den, das Che Zigarre rauchend im Min­is­teri­um der Indus­trie in Havan­na zeigt. Doch schon mit sein­er Reportage über eine Spezialschule für taub­s­tumme Kinder (School for deaf mute chil­dren), aus der das Bild oben stammt, erlangte er inter­na­tionale Anerken­nung. Das Bild zeigt die musikalis­che Erziehung taub­s­tum­mer Kinder: die Kinder nehmen die Vibra­tio­nen der Musik wahr. Die Tam­borine, die sie hal­ten, ver­stärken die Töne eines Klaviers.

Im Jahr 1959 tritt Bur­ri der berühmten Fotoa­gen­tur Mag­num bei, die 1947 von Robert Capa, Hen­ri Carti­er-Bres­son, David „Chim“ Sey­mour und George Rodger gegrün­det wurde und auch heute noch einige der wichtig­sten Fotografen, ins­beson­dere aus dem Bere­ich Reportage ver­tritt. Es lohnt sich also mal durch die Web­site der Agen­tur zu stöbern.

Ausschaffung Wort des Jahres in der Schweiz!

Man kann sich über unsere Nach­barn nur wun­dern. Nicht nur wer­den in der Schweiz Jahr für Jahr Geset­zesvorschläge über Volk­sentschei­de legit­imiert, die eine klare Benachteili­gung von Min­der­heit­en mit sich brin­gen — nach dem Minarettver­bot des let­zten Jahres nun die “Auss­chaf­fung” straf­fäl­liger Nicht-Schweiz­er (siehe PLinks KW 47/10). Diese schon sprach­lich absurd klin­gen­den Ideen kom­men dann auch noch zu lin­guis­tis­chen Ehren! Das Wort des Jahres (ja, nicht das Unwort!) 2009 war — richtig — Minarettver­bot. Das Wort des Jahres dieses Jahr: “Auss­chaf­fung”.

Das schweiz­er Unwort des Jahres 2010 wirkt dage­gen direkt niedlich: kri­tisiert wird von der “Aktion Wort des Jahres” das Wort “FIFA-Ethikkom­mis­sion” wegen der darin impliziten Münch­hausen­tat: Die FIFA gibt vor sich am eige­nen Schopfe aus dem haus­gemacht­en Kor­rup­tion­ssumpf zu ziehen. Der Schweiz dage­gen will es wohl nicht gelin­gen sich selb­st aus dem rechts­drehen­den Strudel zu ret­ten, der sie erfasst hat. Passend dazu der Satz (!) des Jahres 2010 aus der Schweiz: “Die Schweiz ist eine frus­tri­erende Alpen-Demokratie.” Und auch noch stolz drauf. (Quelle)