Weil wir mit unseren bescheidenen Mitteln und knappen Zeitresourcen dem sich in alle Richtungen überschlagenden Weltgeschehen ja ohnehin nicht mehr beikommen können, versuchen wir es erst gar nicht, und verlinken einfach Belangloseres — aber Schöneres:
1. das schönste Weblog im deutschsprachigen Netz (das keins sein will)
2. das Blog mit dem schönsten Untertitel
3. einen sehr schönen Text von Diedrich Diederichsen — diesen vor allem weil es mir, mit dem Fahrrad unterwegs im Berliner Stadtverkehr, peinlicherweise oft ganz genauso geht oder ging wie D. Diederichsen — ich mir mein eigenes Fahrradnazitum aber nie so schön explizieren konnte (via).
Ansonsten kann man ja auch noch anderes lesen als Internet, wie ich z.B. die durchgängig empfehlenswerte, sehr schön gestaltete und preisgünstige Reihe Argentinischer Literatur im Wagenbach-Verlag. Und auch sonst alles von Aira.
Romuald Karmakars Herangehensweise an die Realität der Handlungen ist phänomenologisch-erkundend. Die Phänomene werden kommentarlos zum Sprechen gebracht, bis sie sich selbst kommentieren. Alexander Horwath spricht von einem „gereizten Fremdheitsgefühl“, aus dem sich Karmakars distanzierter, beobachtender, immer jedoch: insistierender Blick – vor allem auf Deutschland – speist. Zwischen Blick und Bild schiebt sich eine gläserne Wand, die den Blick davor bewahrt, dem Gegen-Stand zu verfallen. Die Kamera ist nie Teil der porträtierten (Lebens-)Welt, sie bewegt sich – mit Wittgenstein formuliert – an der Grenze dieser Welt. Gerade wegen dieser sturen Kommentar- und Teilnahmslosigkeit wird der Zuseher sehr unvermittelt auf die Materie gestoßen, gezwungen, sich in Position zu setzen. Das Sujet erhält (zu) viel Raum, sich aufzudrängen, weh zu tun, sich dar- und bloßzustellen. Dieser Raum ist allerdings genauestens definiert, kadriert. Karmakar bringt die gestalterischen Mittel auf einen Nullpunkt des Kaum-Vorhandenseins, um sie von dort aus neu zu definieren.

Mit Roland Barthes kann von einer „Moral der Form“ gesprochen werden, an der Karmakar konsequent arbeitet: Diese ist eigenwillig und individuell, fügt sich keinem normativen Druck, bleibt aber auf ihre Weise an die Gesellschaft rückgebunden und übernimmt Verantwortung. Die Moral der Form ist ein „Kompromiß zwischen Freiheit und Erinnerung“, eine sich erinnernde Freiheit, „Freiheit in der Geste der Wahl“. Bei Karmakar wird jeder Schnitt, jede Schrifteinblendung, jeder Perspektivenwechsel zu einer Geste der Verantwortlichkeit, zum Ausdruck einer getroffenen Wahl. Gerade aus dieser selbst auferlegten Beschränkung schöpfen seine Filme ihre Möglichkeiten, ihre Energie, ihre Nervosität, ihre Radikalität.
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