Notizen zur Berlinale 2013 ALLES

KANN

Tian mi mi (Togeth­er, Hsu Chao-jen, TW 2012) [Forum] amüsan­ter Film mit (manch­mal weniger) sub­tilem Humor, der offen ist für unwahrschein­liche Beziehun­gen; beschwingt, unprä­ten­tiös & undumm.

Ergends in Ned­er­land (Lud­wig Berg­er, NL 1940) [Ret­ro­spek­tive]

Ein­mal eine große Dame sein (Ger­hard Lam­precht, D 1934) [Ret­ro­spek­tive]. In ihren filmis­chen Details ganz wun­der­bare Fil­mop­erette, die noch ein­mal den kleinen Laden­mäd­chen-Traum vom großen Geld&Adel-Glück insze­niert. Zwecks ungestörtem Genuss alle poli­tis­che Sen­si­bil­ität vor Betreten des Kinos bitte ablegen.

Car of Dreams (Gra­ham Cutts & Austin Melford, GB 1935) [Ret­ro­spek­tive]. Eine Art Remake des vorher genan­nten, aber tem­por­e­ich­er, witziger und weniger anrüchig.

M. (Joseph Losey, USA 1951) [Ret­ro­spek­tive]. Gutes, aber auch über­flüs­siges Remake von Langs Klassiker.

TPB AFK: The Pirate Bay — Away from Key­board (Simon Klose, S 2013) [Panora­ma DOK] Bedenkt man den symp­toma­len Wert, den der Prozess gegen die Pirate Bay hat­te (insofern er ein neues Kapi­tel in der Geschichte “das Kap­i­tal schreibt sich seine Geset­ze und inter­pretiert sie wie es ihm passt” auf­schlug), bleibt der Film deut­lich unter seinen Möglichkeit­en. Sel­ber guck­en: hier; Peter Sun­des Mei­n­ung dazu: da.

Gold (Thomas Arslan, D 2013) [Wet­tbe­werb] Alle Mühe wurde offen­bar aufs Reit­en­ler­nen ver­wen­det. Dafür hapert’s bei der Plot- und Fig­ure­nen­twick­lung. Der Film plätschert etwas müh­sam vor sich hin.

Cross­roads of Youth (KOR 1934) [Forum].

I Kori (The Daugh­ter, Thanos Anastopolous, GR 2013) [Forum].

Pozi­tia copilu­lui (Child’s Pose, Calin Peter Net­zer, ROM 2013) [Wet­tbe­werb].

Das merk­würdi­ge Kätzchen (Ramon Zürcher, D 2013). Schön anzuse­hen mit seinen genauen Kadrierun­gen und aus­ge­sucht­en Schär­fe­zo­nen, mir aber let­ztlich zu ster­il und gekün­stelt. L’art pour l’art der mit­telmäßig inter­es­san­ten Sorte.

Nugu-ui Ttal-do Anin (Nobody’s Daugh­ter Hae­won, KOR 2013) [Wet­tbe­werb]. In Hongs Oeu­vre, das sich ja nicht nur im einzel­nen Film, son­dern auch in sein­er Gesamtheit um Dif­ferenz und Wieder­hol­ung dreht, der bis­lang schwäch­ste Film. Immer noch toll, an manchen Stellen, und dann in der Tat kaum ver­gle­ich­bar mit irgend­was, was son­st so im Weltki­no passiert. Wenn es aber stimmt, was Lukas Foer­ster smst: dass Hong in ein­er eige­nen Liga spielt — dann hier lei­der gegen (sich selb­st gegen) den Abstieg.

Prince Avalanche (David Gor­don Green, USA 2013) [Wet­tbe­werb].

NIX

Promised Land (Gus Van Sant, USA 2013). [Wet­tbe­werb] Poli­tisch mag diese ökol­o­gis­tis­che Gut­men­schelei im us-amerikanis­chen Koor­di­naten­sys­tem einen gewis­sen Sinn ja haben (auch das ist zweifel­haft), aber im Wet­tbe­werb eines großen Fes­ti­vals hat der Film nichts nichts nichts verloren.

Za Mark­sa… (For Marx…, Svet­lana Basko­va, RUS 2012) [Forum] Brecht als Ausrede für schlecht? Am Ende dieser Klassenkampf-Metonymie liegen der Klis­cheekap­i­tal­ist und der gren­zde­bile Vorar­beit­er kun­st­blutüber­strömt auf dem Dach des Unternehmens. Was dazu führte hat mit ein­er halb­wegs intel­li­gen­ten Analyse des heuti­gen Stands des Klassenkampfs wenig zu tun und ist der weit­eren Rede nicht wert.

La paz (San­ti­a­go Loza, ARG 2013) [Forum] wirkt als hät­ten seine Mach­er nicht recht gewusst, was sie woll­ten. Es reißt den Film in ver­schiedene Rich­tun­gen (Bresson’scher Anti­re­al­is­mus, sehr vor­sichtige Schritte in Rich­tung para­metrisch­er Stil­isierung, Andeu­tun­gen lakonis­chen Humors, dann aber doch wieder ganz ern­stes Sozial- oder Psy­choporträt), aber dieses Reißen ist nicht kon­se­quent genug, um inter­es­sant zu sein, son­dern immer ein im dop­pel­ten Sinn fauler Kompromiss.

Halb­schat­ten (Nico­las Wacker­barth, D/F 2013) [Forum] erin­nert unschön an Ann-Kristin Reyels For­mentera, den schwäch­sten Film, den ich auf der let­zten Berli­nale Jahr gese­hen habe. Ähn­lich geht hier die touris­tis­che Schön­heit der Bilder mit der Langeweile der Nar­ra­tion eine unheil­volle Mis­chung ein, wirkt manch­es am Spiel und in den Dialo­gen knapp daneben, will sich eine Empathie zur Fig­ur, die das Ganze vielle­icht noch zusam­men hal­ten kön­nte, nicht recht auf­bauen. Wer will erken­nt hier das Dilem­ma der (alten Neuen) Berlin­er Schule: Wacker­barth will von den Prob­le­men sprechen, die er ken­nt («Ich frage mich, wie man mit filmis­chen Mit­teln zeigen kann, was im Inner­sten ver­bor­gen liegt. Das Bewusst­sein, dass ein Großteil unseres Lebens in uns stat­tfind­et, ohne mit­geteilt wer­den zu kön­nen, beschäftigt mich, weil es let­ztlich um die Frage geht, wie nah du einem anderen Men­schen kom­men kannst»), aber traut sich dann nicht (oder es gelingt nicht), die Fig­uren nar­ra­tiv zu ent­fal­ten, sie zu öff­nen, sie uns nahe zu brin­gen, weil das dann psy­chol­o­gis­tisch-sen­ti­men­tal­is­tisch wirken könnte.

Fyn­bos (Har­ry Patra­ma­n­is, SAF/GR 2012) [Forum]. Hier mache ich von meinem Recht Gebrauch, ohne nähere Begrün­dung drin­gend abzu­rat­en. Der Film ist ganz fürchterlich.

Com­put­er Chess (Andrew Bujal­s­ki, USA 2013) [Forum]. Auf VHS‑S/W gedreht, über ein Tre­f­fen von Com­put­er­schach-Pro­gram­mieren im Jahre 1982, die ihren Maschi­nen gegeneinan­der antreten lassen. An manchen Stellen net­ter Nerd-Humor, ins­ge­samt aber ein reich­lich miss­lun­ge­nes Exper­i­ment von einem Regis­seurs, den ich eigentlich mag.

A Sin­gle Shot (David M. Rosen­thal, USA/GB/CAN 2013) [Forum].

None Shall Escape (André de Toth, USA 1943) [Ret­ro­spek­tive].

Con­fes­sions from a Nazi Spy (Ana­tole Lit­vak, USA 1939) [Ret­ro­spek­tive].

MUSS

Kanko no machi (Jubi­la­tion Street, Keisuke Kinoshi­ta, J 1944) [Forum].

Konyaku Yubi­wa (Engage­ment Ring, Keisuke Kinoshi­ta, J 1950) [Forum].

Onna (Woman, Keisuke Kinoshi­ta, J 1948) [Forum].

Por­trait of Jason (Shirley Clarke, USA 1967) [Forum]

Al-khor­oug Lel-nahar (Com­ing Forth By Day, Hala Lofty, EGY 2013) [Forum].

Vio­la (Matias Pineiro, ARG 2012) [Forum].

Belleville Baby (Mia Eng­berg, S 2013) [Panora­ma DOK] Auto­bi­ografis­che Doku, die anhand rekon­stru­iert­er Tele­fonate auf eine ver­gan­gene Beziehung zurück­blickt und in der die Bild­hetero­gen­ität schö­nen Sinn macht.

Le cousin Jules (Dominique Benicheti, F 1973) [Forum] hat mich bei aller Schön­heit des neu auf­polierten alten Mate­ri­als der ruralen Szener­ie vor allem auf der Ton­spur affiziert, wo vor dem Hin­ter­grund der ländlichen Ruhe kristal­lk­lar das hohe Häm­mern des Schmieds, das klir­rende Klap­pern des Löf­fels in der Tasse, das gut­turale Schlür­fen der Suppe oder des Kaf­fees ertönt.

I Used to Be Dark­er (Matt Porter­field, USA 2013) [Forum] teilt in der Grun­dan­lage Vieles mit Porter­fields let­zen Werken Put­ty Hill und Hamil­ton: Laien­darsteller, die sich prak­tisch selb­st spie­len (oder Rollen, die ihrer Leben­sre­al­ität nicht fern liegen, auch wenn die konkreten Hand­lun­gen fik­tiv sind); manche szenis­chen Motive – der immer wieder gezeigte Swim­ming­pool – und die Vor­liebe im Dunkeln zu fil­men; das Spiel zwis­chen Real­ität und Real­is­mus fällt hier etwas weniger sophis­ti­cat­ed aus als in Put­ty Hill (mit seinen pseu­do­doku­men­tarischen Inter­viewse­quen­zen), er lässt sich straighter im real­is­tis­chen Modus nar­ra­tivieren und gefällt mir noch besser.

Mes séances de lutte (Jacques Doil­lon, F 2013) [Panora­ma]. Eigentlich eher irgend­wo zwis­chen “kann” und “muss”. Es geht um famil­iär-psy­chol­o­gis­che Ver­strick­un­gen oder, wie es mehrfach heißt, “Ver­kno­tun­gen”, die in neuen Ver­kno­tun­gen, dies­mal kör­per­lich­er Art, gelöst wer­den müssen, in qua­si-ther­a­peutis­chen Kampf­s­tun­den, die zunächst Sub­sti­tut und dann reales Vor­spiel inten­siv­er Geschlecht­sak­te sind. Der Film ist eben­so dialo­glastig wie kör­per­be­tont und wirkt in dieser Kom­bi­na­tion sehr the­atral. Außer­dem ist er “asozial”, oder zumin­d­est “ahis­torisch”: aus der Zeit gefallen.

Boven is het stil (It’s all so qui­et, Nanouk Leopold, NL/D 2013) [Panora­ma]. Auch ein Film, den ich nicht einord­nen kann, von dem ich noch nicht genau weiß, was ich davon hal­ten soll und den ich (glaube ich) gern noch ein­mal sehen würde. Vielle­icht finde ich die flir­rende Schön­heit manch­er Auf­nah­men unpassend, vielle­icht auch ger­ade passend. Vielle­icht weiß ich es genauer, wenn ich den Roman (Oben ist es still von Gebrand Bakker) gele­sen habe, auf dem der Film basiert. Vielle­icht auch nicht.

Pardé (Closed Cur­tain, Jafar Panahi, IRAN 2013) [Wet­tbe­werb].

Leviathan (Ver­e­na Par­avel & Lucien Cas­taing Tay­lor, F/GB/USA 2012) [Forum Expanded].

[wird fort­laufend aktualisiert]

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