Wer wählt, wählt verkehrt — CDU

Als ich ange­fan­gen habe, poli­tisch zu denken, habe ich mich immer wieder gefragt, wie um Him­mels Willen man eigentlich CDU wählen kann. Im Fre­un­deskreis mein­er Eltern gab es (soweit mir das bekan­nt war) keine CDU-Sym­pa­thisan­ten. Oder ich habe es bei einiger­maßen net­ten und vernün­fti­gen Men­schen ohne­hin von vorn­here­in aus­geschlossen, dass sie diese Partei wählen. Wieso auch, habe ich mich gefragt. Warum sollte jemand frei­willig CDU wählen? Und doch waren es regelmäßig um die 40 Prozent der bun­des­deutschen Wäh­ler (in den Achtzigern und frühen Neun­zigern) – mir ein dauer­haftes Rätsel.

Ich habe dann tat­säch­lich mal einen Nach­barn gefragt (vor der Bun­destagswahl 1994 müsste das gewe­sen sein), von dem ich wusste, dass er regelmäßig für die CDU stimmt, und er hat mir eine verblüf­fend ein­fache Antwort gegeben: „Mir geht es doch gut, ich will doch gar nicht, dass sich etwas ändert.“ Das ist die ein­fache, ganz logis­che Antwort: CDU wählt man, wenn man zufrieden ist und nur will, dass ja alles einiger­maßen so bleibt, wie es ist. Poli­tik des Still­stands, ja eigentlich Nicht­poli­tik. Es soll nichts den Lauf der Dinge gefährden. Für die ein­schnei­den­den Verän­derun­gen sind dann ja die SPD-Regierun­gen zuständig (Hartz4, Dosenpfand, Angriff­skrieg etc). Für die CDU bleibt die Devise: Prob­leme und Pröblem­chen (Ökokatas­tro­phe, soziale Ungerechtigkeit, Ras­sis­mus) ein­fach links liegen lassen. Durchregieren. Anders gesagt: Aus­sitzen, Weg­duck­en, Tot­stellen. Das ist das eigentliche Kern­pro­gramm der CDU.

Sehr schön zu beobacht­en war das mal wieder beim soge­nan­nten Kan­zler­du­ell. Angela Merkel hat es da ja tat­säch­lich geschafft, auf keine einzige Frage direkt zu antworten, bei ihren Nich­tant­worten dann aber auch son­st nichts zu sagen. Über­haupt nichts. Oder hat irgendw­er ver­standen, was das Pro­jekt der Kan­z­lerin für die näch­ste Leg­is­laturpe­ri­ode ist? Aus­sitzen, Weg­duck­en, Tot­stellen? Ihr einziges Pro­gramm: Kan­z­lerin­sein. Das genügt. Scheint auch der CDU inzwis­chen zu genü­gen. Deren Plakat­en kann man ja vielle­icht einziges vor­w­er­fen, in dieser Hin­sicht aber sich­er nicht man­gel­nde Ehrlichkeit. Rhetorisch ist die CDU mit­tler­weile auf das zusam­mengeschrumpft, was sie auch pro­gram­ma­tisch ist: ein Karnevalsvere­in, ein Kan­z­lerin­nen­wahlvere­in, der von Kraft träumt:

Wer so was plakatiert müsste doch eigentlich wegen man­gel­nder Ern­sthaftigkeit von der Wahl aus­geschlossen wer­den, oder Herr Wahlleit­er? Vielle­icht darf Die PARTEI deshalb nicht mehr mit­spie­len: die CDU ist sich selb­st Satire genug. Oder es ist noch schlim­mer: denen fällt nichts, ein­fach über­haupt nichts ein, wom­it sie für sich wer­ben kön­nten. Die FDP hat ihr „Steuern runter“-Mantra, die Grü­nen wer­den wieder (nach­dem sie von ihrer restlichen Regierungsar­beit lieber nichts mehr wis­sen wollen) zur Öko- und Ver­brauch­er­schutz­partei, der SPD ist immer­hin irgend­wann der Min­dest­lohn einge­fall­en und die Linkspartei will Hartz 4 kassieren und aus Afghanistan abziehen. Nur die CDU hat nichts, wom­it sie sich bei den Wäh­lerIn­nen beliebt machen kön­nte, kein einziges The­ma mit dem sie irgendwen für sich mobil­isieren kön­nte. Sicher­heit? Fam­i­lie? Ok, das sind vielle­icht noch am ehesten die Stich­worte, die einem ein­fall­en, aber das waren schon die The­men 1953, 1957, 1961… Und mit der spez­i­fisch Schäubleschen Art der Sicher­heit­spoli­tik macht man sich nun auch nicht ger­ade viele Fre­unde. Son­st: neue Atom­kraftwerke, kein Ende in Afghanistan, Konzept­losigkeit in der Steuer­poli­tik. Das schreibt man natür­lich nicht auf die Plakate…

Bleibt also Merkel. Die Mehrheit der Deutschen will ja offen­bar, dass sie Kan­z­lerin bleibt. Warum? Das ist das neue großes Enig­ma der deutschen Poli­tik. Ok, sie sieht lustig aus („Was macht Angela Merkel mit ihren alten Klam­ot­ten? Anziehen.“), redet ein biss­chen komisch und wirkt manch­mal so niedlich unbe­holfen. Aber son­st? Man kann sich nur wun­dern. Das hat Volk­er Pis­pers schon kurz nach ihrem Amt­santritt getan, und wie recht der Mann hat. Aber warum merkt es denn niemand?

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Und selb­st wenn man sie irgend­wie trotz­dem ’nett’ find­et — aus mir unerfind­lichen Grün­den, aber die Geschmäck­er gehen nun­mal auseinan­der — dann ist das ja nun wirk­lich noch kein Grund, sie auch zu wählen!

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